Demokratie
Die Demokratie kann als komplexe Struktur der politischen Selbstorganisation aufgefasst werden. Im Gleichgewicht ist diese Struktur, wenn es zu einem geregelten Ausgleich der Interessen zum Beispiel durch einen parlamentarischen Prozess kommt. Ins Chaos kann dieses ausgeklügelte System dann fallen, wenn sich Bevölkerungsgruppierungen nicht mehr repräsentiert fühlen oder durch Extremisten aufgewiegelt werden und demokratische Institutionen in Frage stellen.
Markt
Der Ökonom Adam Smith (1723 – 1790) ging noch von einer Gleichgewichtsökonomie aus: Die „unsichtbare Hand“ des Marktes würde zu einer Balance von Angebot und Nachfrage führen und damit den Wohlstand mehren. Wie die zahlreichen Börsencrashs und Bank Run im 19. und 20. Jahrhundert zeigten, waren die Marktsysteme tatsächlich am Rande des Chaos und konnten leicht kippen. Erst Regularien und Aufsicht führten zu einer erhöhten Stabilität des Systems.
Verkehr
Das System Mobilität ist mit steigender Zunahme an Verkehrsteilnehmenden nicht unbedingt intelligenter geworden. Gerade im Straßenverkehr macht sich ein Kippen bei zu hohem Aufkommen und unzureichenden Regelungsmechanismen rasch durch Staus und „Verkehrschaos“ bemerkbar. Das Internet der Dinge und die digitale Vernetzung der Automobile sollen zu stabileren Strukturen führen. Der stark geregelte Bahn- und Flugverkehr erscheint da robuster.
Klima
Komplexe Wettersysteme, statistisch über längeren Zeitraum als Klima dargestellt, haben eine sehr hohe nichtlineare Dynamik. Das macht sie bis heute schwer berechenbar. Wiederkehrende Jahreszeiten, Meeresströmungen oder Wetterlagen legen ihre Stabilität nahe. Doch KlimaforscherInnen warnen: Gerade das Klima weise zahlreiche Tipping Points (Kipp-Punkte) infolge steigender Treibhausgase auf. Die Auswirkungen dieser Tipping Points könnten die Zivilisation gefährden.
Wohlstand
Eine breite Mittelschicht und das Fehlen sozialer Klüfte sind Merkmale einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft. Wie gleich der Wohlstand verteilt ist, zeigt der Gini-Koeffizient. Das Wohlstandsgleichgewicht des wirtschaftlichen Handelns ist vor dem Kippen ins Extrem nicht gefeit: Die Aushöhlung sozialpolitischer Regularien, überschießende Deregulierung, ökologische oder soziale Krisen können zu einer Steigerung der Armut und einer Konzentration des Reichtums führen.
Siedlungsformen
Städte als komplexe Siedlungsform, als Plätze des Handels und Austauschs von Ideen und Wissen, beförderten seit jeher wirtschaftliche Dynamik, Innovation und gesellschaftliche Entwicklung. Ihre Dynamik verläuft teils geplant, teils chaotisch: von der mittelalterlichen, durch schützende Stadtmauern klar zum Umland abgegrenzten Stadt, bis hin zu den ausufernden Megalopolen des 21. Jahrhunderts, bei denen sich die Grenzen zwischen urbanen und ruralen Gebieten verwischen.
Energienetze
Die ersten Stromnetze Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit des Erfinders Thomas Alva Edison waren lokale Inselnetze. Ihre Ausbreitung betrug nicht mehr als 1,5 Kilometer. Die Zukunft wird bestimmt von der smarten und digitalen Verknüpfung des mittlerweile bereits höchst komplexen Netzes, das seine Energie aus unterschiedlichen Quellen und von dezentralen Einspeisern bezieht. Wie fragil diese Netze und wie hoch ihr Regelungsbedarf sind, zeigen lokale Blackouts und beinahe flächendeckende Ausfälle.
Welthandel
Just-in-time-Lieferungen, weltumspannende Wertschöpfungsketten, multimodale Frachtsysteme: Der Handel mit Wirtschaftsgütern ist global, dynamisch gewachsen und hochkomplex infolge der zeitlichen Taktung von Produktionen und des Ineinandergreifens der Transportsysteme, vom Containerschiff, über den Bahntransport bis zur Zustellung auf den letzten Meilen. Wie störanfällig dieses hochdynamische System ist, zeigte die gegenwärtige Pandemie vor allem in der ersten Welle.
Schwarm
Ein Vogelschwarm als komplexe dynamische Struktur ist das Zusammenwirken der einzelnen Vögel in einer großen Gruppe mit einem einzigen Zweck: Fressfeinden einen Angriff zu verunmöglichen. Dabei gibt es keine Führung. Alle Tiere verhalten sich instinktiv und reaktiv zueinander. Durch die Form des Schwarms entsteht der Schutz des einzelnen Individuums durch die Makrostruktur. Kippt der Schwarm, wird der einzelne Vogel zur leichten Beute der Jäger.