Als Assistenz-Professorin am Zentrum für transdisziplinäre Weiterbildungsforschung untersucht Filiz Keser Aschenberger die Auswirkungen von Weiterbildung und lebenslangem Lernen auf unsere Gesellschaft. Ihr Wunsch: diese Effekte umfassend und multiperspektivisch mittels innovativer empirischer Methoden untersuchen zu können.

Von Christina Badelt

Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen sind nicht nur für Individuen von Bedeutung, sondern können als Schlüssel zur Bewältigung verschiedener Herausforderungen in Gesellschaft und Wirtschaft beitragen: etwa bei der Gestaltung künftiger Qualifikationen, bei der Steigerung des Qualifikationsniveaus, der Umschulung von Arbeitskräften oder als Fundament für nachhaltige und multikulturelle Gesellschaften. Weiterbildung fördert außerdem das Demokratieverständnis und ist wichtiger Faktor gegen Armut und für soziale Inklusion, ist Filiz Keser Aschenberger, Erziehungswissenschafterin am Zentrum für transdisziplinäre Weiterbildungsforschung der Universität für Weiterbildung Krems, überzeugt. „Die transdisziplinäre Weiterbildungsforschung bietet uns dafür die notwendigen Instrumente und Grundlagen, um evidenzbasierte Lösungen zu entwickeln. Ein ganzheitliches Verständnis zu lebensbegleitendem Lernen ist mindestens genauso wichtig wie die unmittelbare Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen und Herausforderungen, die auf einem soliden theoretischen Hintergrund beruhen muss.”

Transdisziplinäre Weiterbildungsforschung

Weiterbildungsforschung ist an der Universität für Weiterbildung Krems einer der fünf gesamtuniversitären Forschungsschwerpunkte. Das Merkmal: ihr transdisziplinärer Ansatz. Erkenntnisse entstehen im engen Austausch zwischen wissenschaftlichen Disziplinen unter Einbezug der Praxis. „Wir haben bisher eng mit der Psychologie, der Soziologie, Technik- und Politikwissenschaften, Kunst und Kultur, Medizin und Gesundheitswissenschaften sowie der Architektur zusammengearbeitet, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen“. Das umfasst etwa Untersuchungen von physischen Lernumgebungen und ihren Auswirkungen auf Lernergebnisse und Lehrmethoden und geht bis hin zum Einsatz von Bildungstechnologien in der Erwachsenen- und Weiterbildung oder betrieblicher Weiterbildung und Professionalisierung sowie Migrationsforschung. „Besonders wichtig ist mir der Fokus auf die Integration von Migrant_innen in die Gesellschaft durch Bildung. Konkret geht es hier beispielsweise um die Analyse der Lernbedürfnisse sowie die Rolle des Lernens und der Erwachsenenbildung im Leben von Migrant_innen. Auch die Validierung und Anerkennung früherer Lernerfahrungen ist hier ein hoch relevantes Thema.“

Lernräume und Demenz

Aktuell befasst sich Aschenberger mit Lernräumen. Im ERASMUS+-Projekt NIILS wird untersucht, wie informelle und nicht-konventionelle Lernräume in der Hochschulbildung in verschiedenen Ländern und Regionen genutzt werden. Die Universität für Weiterbildung Krems arbeitet dazu mit Partnerhochschulen in Deutschland, Italien, der Türkei und Litauen zusammen. Das Team erarbeitet Tools und Richtlinien für Nutzer_innen, um integrative informelle Lernumgebungen zu fördern, die dem Lernen und dem Wohlbefinden förderlich sind. Die im Projektteam vertretenen Disziplinen reichen von der Erziehungswissenschaft über die Architektur, Informatik, visuelle und digitale Studien bis hin zur Psychologie, Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Die ersten Ergebnisse, so Aschenberger, zeigten, dass es nicht immer neue Räume für optimale Lernerfolge brauche, sondern es auf die gute Organisation des Vorhandenen ankomme.

Weitere Projekte, an denen sie beteiligt war, widmeten sich verlässlicher Gesundheitsinformationen, den Lernbiographien von Frauen mit Migrationshintergrund sowie der Untersuchung, inwieweit Weiterbildung zur Verhinderung von Demenz beitragen kann.

Internationale Erfahrung

Filiz Keser Aschenberger absolvierte ihr Studium in der Türkei, wo sie danach für erstklassige Institutionen als Akademikerin in den Erziehungswissenschaften tätig war. Daran schlossen sich weitere Studien- und Forschungsaufenthalte im Ausland an, unter anderem als Fulbright Stipendiatin in den USA, ehe sie im Jahr 2011 nach Wien zog, wo sie als -Dozentin und Forscherin an der Universität Wien sowohl an Lehr- als auch an Forschungsprojekten mitwirkte. Ihr akademischer Weg führte sie dann 2014 für eine Postdoc-Stelle an die Universität für Weiterbildung Krems. Hier habe ich mich dann auf die Forschung zu Erwachsenen- und Weiterbildung spezialisiert.” Als Assistenzprofessorin für Weiterbildungsforschung und Erziehungswissenschaften ist sie heute sowohl in der Lehre als auch in der Forschung tätig.

Filiz Keser Aschenberger

„Besonders wichtig ist mir der Fokus auf die Integration von Migrant_innen in die Gesellschaft durch Bildung.“

Filiz Keser Aschenberger

Wunsch nach breiter Evidenz

In ihrer Forschungsarbeit möchte Filiz Keser-Aschenberger künftig vor allem die Wirkung des Lernens im Erwachsenenalter über den unmittelbaren Kompetenzaufbau hinaus weiter untersuchen. „Mein Ziel ist die Erstellung eines evidenzbasierten Rahmens für die Beschreibung der Effekte der Erwachsenenbildung auf Gesundheit, Wohlbefinden, soziale Eingliederung und Demokratie. Längsschnittstudien, die Personen über längere Zeiträume hinweg begleiten, könnten beispielsweise ein differenziertes Verständnis der komplexen Zusammenhänge in diesem Bereich ermöglichen und so dabei helfen, zielgerichtete und bedarfsgerechte Angebote in der Erwachsenenbildung zu schaffen“. Solche Vorhaben brauchen natürlich entsprechende Finanzierung. Die Erziehungswissenschaftlerin wünscht sich dafür eine Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten in der Erwachsenen- und Weiterbildung auf EU-Ebene.


FILIZ KESER ASCHENBERGER
Assistenz Prof. Dr. Filiz Keser Aschenberger, MA forscht am Department für Weiterbildung und Bildungstechnologien der Universität für Weiterbildung Krems, wo sie seit 2014 tätig ist. Sie studierte Erziehungswissenschaften und promovierte 2012 an der Middle East Technical University, Ankara, Türkei, wo sie davor als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften auch forschte. Zwischen 2011 und 2021 war Aschenberger Lehrbeauftragte am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Wien.

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