02.12.2019

Am 25. November warf Professor Rainer Münz kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit einen Rückblick auf fünf Jahre EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker. Erstmals wurde die Vortragsveranstaltung der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung gestreamt, sodass auch ZuhörerInnen, die nicht in Krems waren, an der Diskussion teilnehmen konnten. Dekan Gerald Steiner begrüßte die Gäste der Veranstaltung per Livestream aus Boston.

Univ.-Prof. Dr. Rainer Münz, der als Experte für Migration und Demographie die scheidende Kommission beraten hat, zog eine durchaus kritische Bilanz der von zahlreichen – teils ererbten – Krisen gekennzeichneten Amtszeit Jean-Claude Junckers. Die als „Kommission der letzten Chance“ angetretene Administration hatte nicht nur mit den Folgen der Wirtschaftskrise und der Staatsschuldenkrise zu kämpfen, sondern es fiel ihr auch die Bewältigung der Flüchtlingskrise zu. Die immer noch ungeklärte Herausforderung des Brexit gibt die Kommission, wie auch andere Politikfelder, an die mit 1. Dezember antretende Kommission unter Ursula von der Leyen weiter.

In einer engagiert geführten Diskussion, moderiert von Gerda Füricht-Fiegl, PhD MSc Donau-Universität Krems, wurde offensichtlich, dass die interessierte Öffentlichkeit in das Projekt Europa und in die europäischen Institutionen größere Hoffnungen setzt und ihnen zum Teil mehr Gestaltungsmöglichkeiten zutraut, als dies aus Kenntnis der institutionellen Grenzen möglich erscheint. Das Auseinanderklaffen zwischen realen Handlungsspielräumen der Europäischen Kommission und der öffentlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rolle bei der Bewältigung künftiger Herausforderungen, zeigte einmal mehr, dass eine kritische Auseinandersetzung mit dem Funktionieren der Europäischen Union nur auf Basis fundierter Kenntnisse möglich ist, unterstrich Prof. Münz.

Innere und äußere Herausforderungen für die EU

Thematisiert wurde in der Diskussion auch die teils doppelgesichtige Rolle der nationalen Regierungen im Europäischen Rat einerseits und in ihren nationalen politischen Öffentlichkeiten andererseits. Diese inneren Widersprüche des politischen Systems bedürfen aber umso dringender einer Korrektur. Der demographische Wandel wird den überalternden Kontinent vor bisher ungeahnte Herausforderungen stellen – zum einen durch die unmittelbare Nachbarschaft zu rasch wachsenden Bevölkerungen in Afrika und im mittleren Osten und zum anderen durch die drohenden Auswirkungen des Klimawandels. Laut Münz fehlen für deren Bewältigung vor allem die Mittel, da diese weiterhin auf europäischer Ebene vor allem in einem überholten System von Agrarförderungen gebunden sind. Wenn Europa angesichts der im Vortrag ebenfalls angesprochenen geopolitischen und ökonomischen Herausforderungen bestehen soll, müssen auf der Ebene der Union vor allem Ressourcen in Innovation und Entwicklung umgeleitet werden, folgerte Münz.

Dank erstmals verwendeten Streamings war auch Interessierten an den Universitäten Graz und Innsbruck, am Complexity Science Hub Wien, am Center for European Studies, am Weatherhead Center for International Affairs und dem Belfer Center for Science and International Affairs der Universität Harvard, USA, sowie an der Tufts University eine Teilnahme am Faculty Talk möglich.

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