13.10.2020

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie hat die Donau-Universität Krems die psychische Gesundheit der ÖsterreicherInnen wiederholt untersucht. Die erste Studie im April zeigte einen Anstieg der psychischen Symptome für Depression, Ängste oder Schlafprobleme auf das drei- bis fünffache der Werte vor der Pandemie. Folgeuntersuchungen im Juni als auch im September bestätigen die Ergebnisse: Die Belastung ist weiterhin gleichbleibend hoch.

Das Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit untersuchte in einer ersten Studie im April eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe von rund 1000 Personen. „Nach einem raschen Anstieg psychischer Symptome im April gibt es nach neuerlichen Untersuchungen derselben Personen im Juni als auch im September bisher keine Entwarnung“, so der Studienautor Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Leiter des Departments für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit. Die Ergebnisse bestätigen, dass depressive Symptome sowohl im Juni als auch im September immer noch bei rund 20 Prozent der Bevölkerung auftraten. Auch Angstsymptome oder Schlafstörungen liegen weiterhin bei 16 Prozent. Besonders deutlich ist der Vergleich bei schweren Fällen: Seit Beginn der Pandemie leiden rund acht Prozent unter einer schweren depressiven Symptomatik, bei einer Untersuchung 2014 war es nur ein Prozent.  

„Es ist besorgniserregend, dass ein so großer Teil der Bevölkerung psychisch dermaßen stark und lange belastet ist. Denn leider zeigt sich auch ein halbes Jahr nach dem Ausbruch von COVID-19 keine relevante Verbesserung“, berichtet Pieh. Wobei Österreich kein Einzelfall ist, dieser Trend zeichnet sich auch in einer Vielzahl internationaler Studien ab. In Ländern, die schwerer als Österreich von der Pandemie betroffen sind, wie etwa Großbritannien, ist die Häufigkeit psychischer Probleme noch höher.

Keine Verbesserung nach dem Lockdown

Das ist die erste Studie, die die Auswirkung auf die psychische Gesundheit während der COVID-19-Pandemie im Verlauf zu mehreren Messzeitpunkten untersucht. „Da zu den drei Untersuchungszeitpunkten unterschiedliche Infektionszahlen oder Ausgangsbeschränkungen galten, scheinen diese nicht vorrangig für den Anstieg psychischer Beschwerden verantwortlich zu sein“, erklärt der Psychiater und Universitätsprofessor für Psychosomatische Medizin, Christoph Pieh. Was sich zudem noch gezeigt hat, ist, dass Personen über 65 Jahren mit Abstand am besten durch die Krise kommen. Junge Erwachsene zeigen seit Beginn der Krise hingegen eine auffallend hohe Belastung.  

Die Ursachen für den Anstieg psychischer Probleme sind zweifelsohne vielfältig und individuell sehr unterschiedlich. Neben Sorgen um die eigene Gesundheit können Zukunftsängste, finanzielle Sorgen, Jobverlust oder Einsamkeit eine Rolle spielen. Gerade die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind ein nicht zu unterschätzender Faktor und auch weiterhin nur schwer abschätzbar. „Möglicherweise spielen gerade die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie bei dem Anstieg psychischer Symptome eine zentrale Rolle“, so Pieh.  

Was die Psyche unterstützt

Die Ergebnisse der aktuellen Studien unterstreichen gerade in Zeiten wie diesen die Wichtigkeit körperlicher Bewegung. Menschen, die regelmäßig körperliche Bewegung betreiben, sind weniger belastet während der Pandemie. „Regelmäßige körperliche Bewegung hat mitunter eine ähnlich gute Wirkung wie ein Antidepressivum“, berichtet Pieh. Aber auch Menschen, die ein gutes soziales Netzwerk oder eine positive Lebenseinstellung haben, meistern die Krise leichter.

Psychische Belastungen ernst nehmen

Wenn aber die Probleme zu groß werden, sollte Hilfe in Anspruch genommen werden. „Gerade in schweren Fällen ist eine professionelle Hilfe in der Regel notwendig“, erklärt Studienautor Christoph Pieh. Schwere depressive Symptome sind seit Beginn der Pandemie konstant bei rund acht Prozent der Bevölkerung und damit um ein Vielfaches höher als bei früheren Untersuchungen. „Dieser Anstieg verdeutlicht die psychischen Auswirkungen der Pandemie und bedarf einer raschen und speziell auf die aktuelle Situation angepassten Hilfe“, empfiehlt Pieh.

Zum Anfang der Seite