14.07.2021

Niederschwellige Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge sind gerade in Zeiten der Pandemie sehr gefragt. Diese stellt auch die Mitarbeiter_innen der Telefonseelsorge vor neue Herausforderungen. Die Umfrage zeigt, dass die Telefonseelsorger_innen dennoch weniger Stress und ein höheres Wohlbefinden während der Pandemie als die Allgemeinbevölkerung erlebten. 

In der aktuellen Studie wurden 374 Berater_innen innerhalb der österreichweiten Organisation TelefonSeelsorge während der zweiten Welle von COVID-19 in Österreich befragt. Die Berater_innen waren im Durchschnitt 57,65 Jahre alt und die durchschnittliche Arbeitszeit an der Telefonseelsorge betrug 15,58 Stunden pro Monat. Das psychische Wohlbefinden und der wahrgenommene Stresslevel wurden erhoben. Im Vergleich zu einer Referenzgruppe der österreichischen Allgemeinbevölkerung erlebten die Mitarbeiter_innen weniger Stress und ein höheres psychisches Wohlbefinden. 

Für das wahrgenommene Wohlbefinden wurde ein durchschnittlicher Wert von M = 66,26 (SD = 16,64) gemessen, der sich signifikant von dem in der österreichischen Allgemeinbevölkerung während der zweiten COVID-19-Welle ermittelten M = 57,36 (SD = 23,16) unterscheidet (Skala: 0 = Abwesenheit von Wohlbefinden bis 100 = maximales Wohlbefinden). Das Stressniveau der Berater_innen betrug im Durchschnitt M = 13,22 (SD = 5,20) und war damit signifikant niedriger als in der Bevölkerung M = 16,42 (SD = 7,60). Das Stressniveau der Mitarbeiter_innen wurde mit der Perceived Stress Scale-10 bewertet.

Themenschwerpunkte verschoben

Insgesamt stieg die Anzahl der Helpline-Anrufe von 153.320 im Jahr 2019 auf 170.628 im Jahr 2020. Zudem wurden die Themen Einsamkeit, psychische Gesundheit, Berufstätigkeit und Beziehungen im Vergleich zu den Zeiten vor der Pandemie häufiger thematisiert. Während bei den Themen Schwangerschaft, Flüchtlinge und Sexualität das Gegenteil zu beobachten war. Für die Themen Gewalt/Missbrauch und Informationen/Fachauskünfte wurde kein Unterschied festgestellt. Insgesamt wurden die Themen Einsamkeit und psychische Gesundheit als Hauptthemen der hilfesuchenden Anrufer_innen angegeben.

Ehrenamtliche Arbeit unterstützt Psyche

„Diese Ergebnisse tragen zum Verständnis der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die telefonische Krisenintervention bei. Überraschenderweise kamen die Mitarbeiter_innen besser mit der Situation zurecht. Dies könnte daran liegen, dass Menschen mit einer besseren psychischen Gesundheit eher bereit sind, Zeit in ehrenamtliche Arbeit zu investieren. Zusätzlich beeinflusst die Arbeit das psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen positiv. Daher scheint ehrenamtliche Arbeit nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Individuen, die sie ausüben, von Vorteil zu sein“, erklärte Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Elke Humer, Leiterin der Studie. 

Die Beobachtungsstudie wird in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung der TelefonSeelsorge Österreich und dem Ausbildungsinstitut für Logotherapie und Existenzanalyse (ABILE) durchgeführt.
 

Telefonseelsorge in Zeiten von COVID-19

Projektlaufzeit: 2020 – 2021

Fördergeber: eigenfinanziert

Department: Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit

Projektverantwortlich: Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Elke Humer

Beteiligte wiss. Mitarbeiter:  Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Univ.-Prof. Dr. Thomas Probst

Koordination: Universität für Weiterbildung Krems

Partner: Ausbildungsinstitut für Logotherapie und Existenzanalyse (ABILE); Verein zur Förderung der TelefonSeelsorge Österreich;

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