26.09.2017

Am 22. September 2017 ist der ehemalige Leiter der Abteilung Kulturwissenschaften und Gründer des Zentrums für Bildwissenschaften nach langer Krankheit im Alter von 77 Jahren im Stift Göttweig verstorben. Die Donau-Universität Krems trauert um einen herausragenden Wissenschaftler und Pionier der Bildwissenschaften.

Gregor Martin Lechner war seit 1974 Kustos der Göttweiger Sammlungen und von 2001 bis 2005 an der Donau-Universität Krems tätig. Mit seinem Namen ist die Gründung des Lehr- und Forschungszentrums für Bildwissenschaften in Göttweig verbunden, das ab 2001 gemeinsam mit umfassenden Mitteln aufgebaut wurde und aus dem 2005 die erste Professur für Bildwissenschaften im deutschen Sprachraum hervorging. Pater Lechners wissenschaftliche Leistungen im Bereich der christlichen Ikonographie wurden von der Republik Österreich mit dem Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich sowie dem Wissenschaftspreis gewürdigt.

Hochgeschätzt hat er, sofern es seine Gesundheit erlaubte, noch bis in die jüngste Gegenwart die Studierenden der Bildwissenschaften an seinem reichen Wissen mit Leidenschaft teilhaben lassen. Seiner Emeritierung folgte eine jahrelange fruchtbare Zusammenarbeit mit seinem Nachfolger, Prof. Dr. habil. Dr. h.c. Oliver Grau, MAE, die insbesondere der Entwicklung der digitalen Graphischen Sammlung Göttweig-Online (www.gssg.at) galt. Ausstellungen zum Marienbild, zu Venezianischen Veduten, zu Heiligenporträts, zu Abt Gottfried Bessel, zur Architekturtheorie oder zum Barocken Thesenblatt, die er Jahre zuvor u.a. in Göttweig analog gezeigt hatte, entstanden in diesem Zeitraum – noch bevor man von Digital Humanities sprach – in virtueller Form. Dadurch wurde international registrierte Pionierarbeit geleistet.

Martin Lechner wurde 1940 in Neumarkt-St. Veit in Bayern geboren. Im Anschluss an das Studium der Philosophie und Theologie (u.a. bei Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI.) studierte er in München an der LMU Kunstgeschichte und Byzantinistik, wo er 1971 promovierte. Nach einer Zwischenstation an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die auch mit archäologischer Tätigkeit in Ostanatolien verbunden war, wurde er 1974 Kustos des Graphischen Kabinetts, der Handschriften- und Inkunabelsammlung des Stifts Göttweig. Im Stift Göttweig wurde er 1975 auch zum Priester geweiht und entfaltete zugleich seine seelsorgerische Tätigkeit.

Seine zahllosen Veröffentlichungen zur christlichen Ikonographie und Ikonologie machten ihn seit 1979 über viele Jahre zum renommierten Lektor an verschiedenen Instituten für Kunstgeschichte in ganz Österreich (Wien, Graz, Innsbruck); die Universität Salzburg trug ihm eine Gastprofessur an. 1994 erfolgte an der Universität Innsbruck die Habilitation. Die außerordentliche Universitätsprofessur hatte er seit dem Jahr 2000 inne. Zugleich war er über Jahre Chefredakteur der Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaften "das münster" in Regensburg. Weit über das Fach hinaus werden seine Artikel im "Lexikon der christlichen Ikonographie", dem „Marienlexikon“ und dem "Lexikon für Theologie und Kirche" geschätzt, in denen er Übersicht mit höchster Präzision zu verbinden wusste. Unter seiner bibliophilen Kennerschaft entstand die wohl beste Fachbibliothek der Ikonographie im deutschen Sprachraum. Pater Gregor Martin Lechner war ein wahrer Repräsentant benediktinischer Kultur und blieb bis ins hohe Alter Ur-Bayer mit großem Humor.

Ein Nachruf von Univ.-Prof. Dr. habil. Dr. h.c. Oliver Grau, MAE

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