Ein neues Forschungsprojekt der Donau-Universität Krems will das in der Kunst bekannte Konzept der Improvisation für Organisationen nutzbar machen. Ziel ist, ein Framework zu erarbeiten, das Unternehmen im komplexen Wirtschaftsalltag einsetzen können.
Der Mensch setzt sich Ziele, identifiziert die zur Verfügung stehende Mittel, berechnet Konsequenzen, involviert das jeweils relevante Wissen, berücksichtigt Routinemäßiges und versucht dann in diesem Orientierungsrahmen einen Handlungsplan zu komponieren. So macht dies der homo oeconomicus. Die komplexe, unüberschaubare Arbeitswelt der Gegenwart fordert jedoch dieses theoretische Konzept des 19. Jahrhundert heraus. Sie braucht rasche Entscheidungen trotz komplexer Verhältnisse. Improvisation als Handlungen mit einer zeitlich geringen Trennung der Problemidentifikation, Ideengenerierung und Umsetzung der Idee ist hier gefragt. Ein Forschungsprojekt unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr. Lukas Zenk, Donau-Universität Krems, plant die Kunst der Improvisation in den Rahmen von Organisationen zu setzen und damit für Unternehmen einsetzbar zu machen.
Kreativität in Echtzeit
„Wir wollen ein Framework der Organisationalen Improvisation entwickeln. Es soll dazu beitragen, die sozio-kognitiven Prozesse der Improvisationsfähigkeit von Menschen zu beschreiben und zu fördern“, sagt Zenk zum Forschungsvorhaben. Im Blick haben die Forscher der Donau-Universität Krems, Universität Wien und der Unternehmensberatung Strategy Sprints, Arbeitssituationen, in denen in Echtzeit kreativ gehandelt wird und neue Lösungen ad-hoc entwickelt werden müssen. Bisher wurde dies in vergangenen Modellen und empirischen Studien vernachlässigt. Eine besondere Rolle spielen dafür Experten, die in der Lage sind aus traditionellen Denk- und Handlungsmustern auszubrechen und neue zu entwickeln. Dafür werden sowohl Improvisationstheater-Schauspieler und Jazz-Musiker aus der Kunst, als auch InnovatorInnen und Entrepreneure aus der Wirtschaft interviewt, um ihr Mindset und ihre Verhaltensweisen zu untersuchen.
Von der Kunst in die Wirtschaft
Im klassischen Theater haben Schauspieler einen klaren Plan, wann sie was sagen werden und wie sie handeln. Zenk: "Improvisationstheater-Schauspieler handeln sehr unterschiedlich zu klassischen Schauspielern. Sie gehen auf die Bühne, ohne zu wissen, welche Geschichte sie mit welchen Charakteren spielen werden. Sie folgen keinem vorgegebenen Plan sondern handeln im Hier und Jetzt - sie improvisieren". Diese Fähigkeit muss intensiv trainiert werden, um sie später auf der Bühne einsetzen zu können. Eine ähnliche Fähigkeit wird auch außerhalb der Kunst benötigt, in denen Menschen abseits von Routinen neue Handlungen durchführen müssen. InnovatorInnen und Entrepreneure sind beispielsweise oft gefordert, neue Ideen unter hohem Zeitdruck zu entwickeln, in agilen Sprints zu arbeiten bis hin zum Meistern brenzliger Situationen, die vorab nicht geplant werden können. Sie improvisieren, indem sie die aktuell verfügbaren Ressourcen bestmöglich einsetzen und rekombinieren. Das junge Forschungsfeld der Organizational Improvisation beschäftigt sich damit, diese kreative Fähigkeit im Unternehmenskontext zu untersuchen und zu fördern. Der globale Bedarf für dieses Thema spiegelt sich im exponentiellen Anstieg an Publikationen wider.
Prototypen für die praktische Anwendung
Damit Unternehmer und Unternehmen die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis des wirtschaftlichen Alltags einsetzen können, plant das Konsortium die Entwicklung prototypischer Konzepte für Interventionen. Dafür werden Trainingsdesigns und analoge Werkzeuge entwickelt und getestet, die Echtzeit-Kreativität unterstützen. Damit sollen Menschen in zunehmend komplexeren und dynamischeren Arbeitskontexten auch in unvorhergesehenen Situationen handlungsfähig bleiben. Im Sinne des Projekts werden dabei schon während der Projektlauftzeit die durchgeführten Video-Interviews mit Experten kontinuierlich veröffentlicht, um die Ergebnisse in Echtzeit zu Verfügung zu stellen.
Forschungsfeld Organizational Improvisation
Das Forschungsprojekt ist eines der ersten Projekte im Forschungsfeld der Organizational Improvisation. Für die Zukunft sollen verstärkte Verbindungen zwischen dem an der Donau-Universität Krems angesiedelten Research Lab Collaborative Creativity and Innovation und dem Vienna Cognitive Science Hub geknüpft werden; auch der Einbezug des Vienna Complexity Science Hubs ist angedacht.
Ein Framework der Organisationalen Improvisation (Improvisation)
Förderungsgeber: Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Programm Bridge
Projektlaufzeit: 2019 – 2022
Projektleitung: Ass.-Prof. Mag. Dr. Lukas Zenk, Department für Wissens- und Kommunikationsmanagement, Donau-Universität Krems
Projektpartner:
Vienna Cognitive Science Hub, Universität Wien
strategysprints.com, Unternehmenspartner
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