22.10.2020

Wie müssen Versorgungsketten in Zukunft aussehen, um die Verfügbarkeit von medizinischen Produkten in Krisensituationen zu gewährleisten? Jürgen Peukert, Lehrbeauftragter an der Donau-Universität Krems und Senior Client Partner im Unternehmen Korn Ferry, hält Seminare zu Herausforderungen und Lösungswegen zur Gestaltung von Versorgungsketten und betont dabei die Bedeutung der Ausbildung von ManagerInnen in diesem Bereich.

Durch die COVID-19-Pandemie wurden Engpässe in diversen Lieferketten von medizinischen Materialien, Labor-Materialien oder Medikamenten auch in der Öffentlichkeit diskutiert. In der Vergangenheit wurde die Produktion aus Kostengründen oft in ostasiatische Länder verlagert. Aufgrund der COVID-19- Situation konnten Produkte bzw. Wirkstoffe nur bedingt hergestellt und eingeschränkt weltweit distribuiert werden, was Versorgungsengpässe auf den Märkten und für PatientInnen zur Folge hatte. „Die Pandemie führte zu neuen Überlegungen, wie die Versorgungssicherheit zukünftig besser gewährleistet werden kann. Resilienz ist hier das neue ‚Credo‘: In vielen Fällen erfordert diese gezielte Investitionen. Man könnte hier zum Beispiel parallele und flexible Produktionsstätten aufbauen, alternative Routen entwickeln oder Sicherheitsbestände einrichten. Unser Ziel ist es natürlich, dass die PatientInnen keine Engpässe zu spüren bekommen“, so der Experte für Transformationsmanagement und Organisationsentwicklung.
Jürgen Peukert beleuchtet seit 2010 die Supply Chains im Rahmen der Vertiefung „Biotech, Pharma & MedTech Management“ des Universitätslehrganges „Professional MBA“ an der Donau-Universität Krems.

„Weitere auswirkungsreiche Veränderungen liegen in neuen Innovationsschüben, wie zum Beispiel in der Gen- und Zelltherapie. Die gesamte Supply Chain ist nicht vergleichbar mit den traditionellen Modellen und Organisationsformen. Gleiches gilt für die Nutzung neuer Informationstechnologien, wie beispielsweise künstliche Intelligenz. Mit ihrer Hilfe kann die Planung und Steuerung der Supply Chain grundsätzlich neu gestaltet werden. In weiterer Folge entwickeln sich daraus neue Fähigkeiten und Organisationsmodelle. Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, müssen ein Grundverständnis für die Prozesse erlernen und ein Verständnis für die zukünftigen Veränderungen und Lösungskompetenz entwickeln", erklärt Jürgen Peukert.

Klinische Studien, Produktfälschungen und neue Therapieformen

Zudem hat die Pandemie Auswirkungen auf klinische Studien. „Es dauert durchschnittlich ca. zwölf Jahre und kostet deutlich über eine Milliarde Euro, um ein Medikament zur Marktzulassung zu bringen. Unterbrechungen im Studienverlauf durch Störungen in den Versorgungsketten sowie im Zugang von StudienteilnehmerInnen zu den Prüfungszentren haben Einfluss auf den zeitlichen Verlauf klinischer Studien und können die Markteinführung verzögern“, berichtet Peukert. Damit verbunden sind Konsequenzen für den Zugang zu neuen Therapieformen sowie die Innovationsfähigkeit der Unternehmen.

ManagerInnen im Bereich des Supply Chain Managements müssen sich in Zukunft auch mit weiteren kritischen Fragen beschäftigen: „Im Bereich Medikamentenfälschungen werden Authentifizierungsmaßnahmen entwickelt und implementiert, um Produktfälschungen schneller zu identifizieren“, erläutert der Experte für Transformationsmanagement und Organisationsentwicklung.

In schwierigen Situationen werden zudem kreative Lösungen entwickelt: „Firmen haben sich branchenübergreifend und entsprechend ihrer Kernkompetenz zusammengefunden und Beatmungsgeräte speziell für den Einsatz in der COVID-19-Pandemie entwickelt. Im Zusammenspiel mit den Behörden konnten beschleunigte Verfahren für die Zulassung dieser medizinischen Innovationen ermöglicht werden. Die Prozesse der Supply Chain passen sich somit an veränderte Ecosysteme und Rahmenbedingungen an. Um all diese Probleme zu lösen, müssen wir den ManagerInnen die richtigen Werkzeuge in die Hand geben“, führt Peukert aus.

Ausbildung von Professionals notwendig

Studierende der MBA-Vertiefung „Biotech, Pharma & MedTech Management“ an der Donau-Universität Krems beschäftigen sich mit diesen Fragen. Der Lehrgang ist in zwölf General-Management und drei Vertiefungsfächer gegliedert. Im branchenorientierten zweiten Studienjahr vermitteln die Vortragenden Wissen über die Bereiche Quality and Regulations, Innovation & Market Access sowie in Digitalization & New Business Models. Diese Module können auch einzeln gebucht werden. „Unsere Studierenden arbeiten in den Bereichen Biotechnologie, Medizin, Pharmazeutische Industrie und Medizintechnik oder sind UnternehmerInnen aus dem Bereich Life Science. Meist streben sie Führungspositionen an oder wollen ein eigenes Unternehmen gründen“, erklärt Ass.-Prof. Dr. Jens Hartmann vom Zentrum für Biomedizinische Technologie. Der Universitätslehrgang wird gemeinsam mit den Kooperationspartnern aus Deutschland und Italien abgehalten, wo auch ein Teil der Vertiefungsfächer stattfindet. Der nächste Lehrgang startet im Wintersemester 2020/21 online. Allerdings sind, sobald dies möglich ist, auch wieder Präsenzmodule geplant. „Es ist uns sehr wichtig, dass sich die TeilnehmerInnen vernetzen und austauschen können. Sobald es die Umstände zulassen, werden wir wieder vor Ort unterrichten“, so der Experte für Medizinische Verfahrenstechnik, Jens Hartmann.

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