Die vielfachen Krisen der Gegenwart und der Umgang mit diesen durch Universitäten stand im Mittelpunkt der Jahreskonferenz der Donaurektorenkonferenz, kurz DRC. Vertreter_innen zahlreicher Universitäten aus dem Donauraum diskutierten vom 13.-15. November unter dem Titel „University Leadership in Times of Uncertainty: Governing Universities in the Danube Region through Multiple Crises“ Wege, den gesellschaftlichen Herausforderungen resilient und lösungsorientiert zu begegnen. Bundesminister Martin Polaschek eröffnet die Konferenz und verlieh im Rahmen der Danubius Awards Zeremonie 2024 die Danubius Awards an Wissenschafter_innen aus dem Donauraum. Shalini Randeria, Rektorin der Central European University in Wien, verwies in ihrer Keynote auf die vielen Unsicherheiten für Universitäten und ihre Verantwortung für die Gesellschaft und vor allem für ihre Studierenden.
In seinen Eröffnungsworten betonte der Präsident der DRC und als Rektor der Universität für Weiterbildung Krems Gastgeber der Tagung, Friedrich Faulhammer, die Bedeutung transdisziplinären Denkens der Universitäten bei der Lösung der vielen aktuellen Krisen. Erst durch die Integration unterschiedlicher Perspektiven könnten nachhaltige und effektive Lösungen entstehen. Dabei sei die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft entscheidend. Universitäten müssten sich als Mitgestalter der Zukunft engagieren. Klare und effektive Governance-Strukturen seien dabei Stützen für die erfolgreiche Bewältigung.
Martin Polaschek, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, betonte die Rolle der Donaurektorenkonferenz als Schmelztiegel von Ideen und Perspektiven aus dem Donauraum zur Zukunft der Hochschulbildung in einer sich rasch wandelnden Welt. Europa brauche eine vitale Kooperation auf dem Feld der Wissenschaft, um Innovationslücken zu anderen führenden Wissenschaftsgrößen wie den USA und China zu schließen. Hier zeige sich die Bedeutung der europäischen Idee: In einer kompetitiven Welt sei jedes europäische Land für sich zu klein für den Wettbewerb. Nur zusammen spielen die Länder eine bedeutende Rolle. Der Donauraum sei hier ein Paradebeispiel für exzellente Zusammenarbeit. Ziel sei es, so Polaschek, angesichts der Krisen Brücken zwischen Nationen und Gemeinschaften zu bauen. Die DRC unterstütze das durch die Stärkung des Dialogs sowie Forschungspartnerschaften der Universitäten und ermutigt zum Austausch zwischen Fakultäten. Gerade die Studierendenmobilität nehme hier einen besonderen Raum ein.
Mit Unsicherheiten umgehen – CEU-Rektorin Randeria hielt Keynote
Prof. Shalini Randeria, Präsidentin und Rektorin der Central European University (CEU), adressierte in ihrer Keynote die verschiedenen Unsicherheiten, mit denen Universitäten aktuell konfrontiert sind. Dazu zähle wachsende Rechtsunsicherheit, das Aushöhlen von demokratisch-liberalen Prinzipien, Kriege, der Klimawandel und nicht zuletzt die Nachwirkungen der Pandemie. Der Ukrainekrieg habe die Logik der Souveränitätsverletzung wiedergebracht, die Klimakrise stelle die Zukunft als Kontinuität in Frage.
Der Krieg bringe für Universitäten die Verantwortung, mit konfligierenden Debatten umzugehen. Sollen diese in Max Webers Sinne wertneutral sein? Oder sollen sie sich politisch exponieren? Aufgabe der Universitäten sei hier, so Randeria, den Studierenden zu lehren, wie man denkt, nicht was man denkt. Positionen einzunehmen schließe letztlich die Meinungsfreiheit aus. Universitäten seien einer der wenigen Plätze, wo öffentliche Debatten zu allen Themen möglich seien. Entscheidend sei hier, ob Debatten in einer respektvollen Atmosphäre geführt werden könnten, ganz im Sinne akademischer Freiheit, Meinungen frei, zivilisiert und respektvoll auszudrücken. In diesem Zusammenhang stehe eine weitere Herausforderung: Desinformation.
Um all diesen Krisen zu begegnen, sei internationale Zusammenarbeit vorrangig, dies habe insbesondere die Pandemie gezeigt, die leider auch Verschwörungsdenken und falsches Wissen hervorgebracht habe. Dies gelte auch für den Klimawandel, ebenso wie für das gesellschaftliche Verständnis von Wissenschaft. Dennoch habe diese Krise bewiesen, wie bedeutsam die Behandlung von Wissen der Universitäten als global commons sei.
Universitäten müssten sich angesichts dieser vielen Krisen und ihrer Erscheinungsformen fragen, ob sie genug dagegen unternehmen. Mit dem aus den Krisen entstehendem Paradox, so Randeria, dass sich die Unsicherheiten erhöhen, je mehr wir wissen, müssten Universitäten konstruktiv umgehen. Mehr zu wissen, lege auch Wissenslücken frei. Mit Blick auf Studierende heiße das beispielsweise, auch ihre emotionale Verunsicherung durch die Krisen ernst zu nehmen und auf deren mentale Gesundheit zu achten, um sie resilient zu machen. Studierende sollten die Universitäten nicht nur als gute Wissenschafter_innen, sondern auch als mündige Bürger_innen verlassen.
Es gelte also für die Governance der Universitäten, nicht nur europäisch, sondern international zu handeln, zu antizipieren, was komme, im Sinne des „reaching out“ aktiv die Gesellschaft einzubinden und solidarisch zu handeln. Angelehnt an Antonio Gramsci plädierte Randeria abschließend für einen intellektuellen Pessimismus, aber für einen Optimismus des Willens.
EU-Strategie und Leadership
Die weiteren Sessions der Donaurektorenkonferenz diskutierten unter fachkundiger Expertise und hochrangiger Teilnahme den Einfluss der EU-Strategie für den Donauraum und ihrer Vorsitze auf die Universitäten in dieser bedeutenden europäischen Region sowie die gegenwärtigen Herausforderungen an Führung durch Lehre und Forschung. Unter der Moderation von Attila Pausits, Universität für Weiterbildung Krems, diskutierten in Session zwei Ass. Prof. Pal Danyi, Chair of the Board, Danube Cup Network, Budapest University of Technology and Economics, Gerhard Eisl, Head of Unit, EU macro-regional strategies im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheit sowie Viktor Nedovic, Coordinator Priority Area 7, Serbien. Session drei erfolgte unter Mitwirkung von Iris Rauskala, Rektorin der University of Applied Sciences Ludwigsburg und Daniel Breaz, Rektor der Universität Alba Iulia, Rumänien. Die Moderation erfolgte durch Corinna Geppert von der Universität für Weiterbildung Krems.
Danubius Awards an Wissenschafter_innen aus dem Donauraum
Im Rahmen der Donaurektorenkonferenz verlieh Bundesminister Martin Polaschek den vom Wissenschaftsministerium ausgelobten Danubius Award an Wissenschafter_innen aus dem Donauraum. Bei der Danubius Awards Zeremonie 2024 an der Universität für Weiterbildung Krems wurden insgesamt 16 Forschende ausgezeichnet. Der „Danubius Award 2024“ ging an Prof. Marek Nekula. Ana Pajvančić-Cizelj wurde mit dem „Danubius Mid-Career Award 2024“ ausgezeichnet. Darüber hinaus wurden 14 Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschafter aus dem Donauraum mit „Danubius Young Scientist Awards" geehrt.
In Kooperation mit dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) zeichnete das Ministerium bereits zum elften Mal wissenschaftliche Talente aus den Ländern des Donauraums aus. Der Danubius Young Scientist Award ist ein Nachwuchs-Preis zur Stimulierung der Befassung mit der Donau und der Region aus vielfältiger wissenschaftlicher Perspektive durch junge Wissenschaftler_innen.
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