05.09.2024

Im Projekt RESTATE untersucht die Migrationsforscherin, wie Flüchtlinge Staat und staatliche Gewalt vor, während und nach ihrer Flucht wahrnehmen und wie diese Erfahrungen ihre politische Partizipation beeinflussen. Ziel ist es, ein dynamisches Verständnis dieser Wechselwirkungen zu entwickeln, die Auswirkungen staatlicher Gewalt auf das Vertrauen in Institutionen zu analysieren und die Bedingungen und Folgen politischer Partizipation von Flüchtlingen zu theoretisieren. Nach Postdocs an den Universitäten Oxford und Amsterdam sowie am Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien ist Dr.in Lea Müller-Funk derzeit Senior Researcher und Elise Richter Fellow am Department für Migration und Globalisierung an der Universität für Weiterbildung Krems.

Lea Müller-Funk untersucht in ihrem ERC-Projekt „Refugees’ Political Participation and State-(Re)Making in Displacement“ (RESTATE), wie Flüchtlinge den Staat wahrnehmen, insbesondere im Kontext staatlicher Gewalt. In der heutigen Welt kommen die meisten Flüchtlinge aus Staaten, in denen Bürgerkrieg und extreme Gewalt herrschen und die Legitimität des Staates als Schutzgarant unsicher ist. Darüber hinaus waren die Menschen während ihrer Flucht auch in den Aufnahmeländern wiederholt verschiedenen Formen und unterschiedlicher Intensität von Gewalt durch staatliche Akteure ausgesetzt – unabhängig davon, ob sie in autoritären oder demokratischen Staaten Schutz suchten. Dennoch ist wenig darüber bekannt, wie Flüchtlinge den Staat als Institution während ihrer Flucht wahrnehmen und mit ihm umgehen und wie diese Wahrnehmungen ihre Rolle als politische Akteure prägen.

Auswirkungen auf das Vertrauen in den Staat

Das Projekt RESTATE, das sich auf die politische Handlungsfähigkeit von Flüchtlingen konzentriert, zielt darauf ab, ein dynamisches Verständnis der Erfahrungen und Interaktionen von Flüchtlingen mit dem Staat während ihrer Vertreibung zu entwickeln. Weiters wird identifiziert, welche Formen staatlichen Handelns, sowohl in den Herkunfts- als auch in den Aufnahmeländern, das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben und potenziell politischen Widerstand hervorrufen. Untersucht werden auch die Bedingungen für die politische Partizipation von Flüchtlingen während ihrer Vertreibung und die Auswirkungen der politischen Partizipation von Flüchtlingen sowohl in den Herkunfts- als auch in den Aufnahmestaaten auf Prozesse der „Staatenbildung“.

Mit einem vergleichenden, methoden- und standortübergreifenden Ansatz untersucht das Projekt die Vertreibung von Flüchtlingen aus drei Bürgerkriegsländern (Afghanistan, Südsudan und Syrien) in vier wichtigen Aufnahmeländern (Iran, Türkei, Uganda und Deutschland). So soll eine innovative Theorie zur politischen Handlungsfähigkeit von Flüchtlingen bei Prozessen der Staatenbildung entwickelt werden. Die Forscherin sieht auch konkrete Anwendungsbereiche, wo die Ergebnisse des Projekts eingebracht werden können: „Die gewonnenen empirischen Erkenntnisse werden relevante Informationen über mögliche Wege zur Friedens­bildung, Konfliktlösung und politischen Inklusion liefern“, so Lea Müller-Funk.

In mehreren Forschungsprojekten hat sich Müller-Funk bereits mit dem Themenkomplex Migration und Flucht beschäftigt, unter anderen im Marie Curie Projekt SYRMAGINE (Syrian Imagination of Europe, 2017–2019), im Horizon2020 geförderten MAGYC (Migration Governance and Asylum Crises, 2019–2021) und in SYREALITY (Syrian Imagination of Europe meet Reality, 2022–2026).   

Über die ERC-Starting-Grants

Der 2007 von der Europäischen Union eingerichtete Europäische Forschungsrat ist die wichtigste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Seine Mittel, Teil des EU-Programms Horizont Europa, werden in wissenschaftliche Projekte investiert, die alle Forschungsdisziplinen umfassen. Starting Grants fördern Nachwuchswissenschafter_innen mit bereits exzellenter Forschungsarbeit. Das Department für Migration und Globalisierung an der Universität für Weiterbildung Krems ist bereits zum zweiten Mal erfolgreich bei den ERC-Starting-Grants.

Zum Anfang der Seite