Als IT-Sicherheitsbeauftragter im Innenministerium beschäftigt sich Robert Gottwald gleich intensiv mit Technik und Menschen. Der Absolvent der Donau-Universität Krems ist ein Verfechter der Privatsphäre, aber auch persönlicher Verantwortung.
Niemand möchte seinen Namen fälschlich zur Fahndung ausgeschrieben sehen. Dieses Beispiel des IT-Sicherheitsbeauftragten Robert Gottwald zeigt ganz gut, worin die Sensibilität der Daten im Innenministerium liegt, mit denen täglich 30.000 Menschen arbeiten. Ob Verkehrskontrolle oder Verfassungsschutz, Ruhestörung oder Reisepass, Führerschein oder Fremdenpolizei, Cobra oder Cybersicherheit – alle Aufgaben des Innenministeriums erfordern Datenverarbeitung.
Seit den unerlaubten Abfragen des Kriminalpolizeilichen Informationssystems EKIS ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen. Damals wurden Daten über Funk angefordert und eine Person in der Zentrale bediente den Rechner. Die Rechtmäßigkeit aller Vorgänge war also schwer zu kontrollieren. Heute greifen alle Beamten mit ihrer persönlichen Identifikationsnummer zu. Jeder Vorgang wird aufgezeichnet, begründet und kontrolliert. Dafür waren nicht nur technische und organisatorische Neustrukturierungen notwendig. Mitverantwortlich für den begleitenden kulturellen Wandel – weg von der Funktion, hin zur einzelnen Person und ihrer Verantwortung – ist Robert Gottwald. Seit Ende 2003 ist der Wiener IT-Sicherheitsbeauftragter des Bundesministeriums für Inneres und als solcher eine Art Prediger. Mit der Sensibilisierung für Informationssicherheit beginnt er bereits in der Grundausbildung der Exekutivbeamten.
Vorreiter in aufkeimenden Feldern
1984 begann er im Innenministerium in der EDV, nach einem Diplomstudium an der Technischen Universität Wien und einigen Praktika in der Privatwirtschaft. EDV und effizientes Programmieren hat der HTL-Absolvent von der Pike auf gelernt, als ein Großrechner nur 16 MB Speicherkapazität hatte. Das entspricht heute der Größe eines digitalen Fotos. Im BM.I begleitet er die Elektronische Datenverarbeitung seit mehr als dreißig Jahren. Ob DNA-Datenbank, Kennzeichen-Erkennung, ePass mit Chip, Fahndungsnotebook, Amtssignatur, Verschlüsselung oder IT-Sicherheitshandbuch, Robert Gottwald hat teils federführend mitgearbeitet. Er fand im öffentlichen Dienst stets neue Arbeitsfelder, die sich dann etabliert haben. Auch heute leitet er keine vielköpfige Abteilung, sondern stellt als Vorreiter des prozessorientierten Arbeitens seine Teams stets neu zusammen. Durch seine Tätigkeit in Arbeitsgruppen wie beispielsweise zum Arbeitsplatz der Zukunft im öffentlichen Dienst, dem Sicherheitsforschungsprogramm KIRAS oder im europaweiten Austausch über Zertifikate bei Reisedokumenten kommt er viel herum.
IT-Technik nur selten die Ursache
Wie vermittelt der versierte Techniker nun seine Botschaft von der Verwaltung bis in die Wachstube? „Ich packe die Leute beim Privatleben. Wer privat ein Sicherheitsbewusstsein hat, nimmt es ins Büro mit. Wir diskutieren aktuelle Vorfälle und stellen so in den Schulungen Praxisbezug her“, sagt Gottwald. Es ist nun mal so, dass in der Informationstechnologie nur für 20 Prozent der Probleme die Technik verantwortlich ist und für die restlichen 80 Prozent der Mensch. Es braucht qualitativ hochwertige Technik, auf die man sich verlassen kann, aber „auch das sicherste Auto kann man zu
Schrott fahren“. Mit vertrauenswürdigen Personen, Bewusstseinsbildung und Hausverstand lasse sich das meiste verhindern oder Probleme aufdecken. Neben der beruflichen Tätigkeit ist es ihm als Gründungsmitglied des Vereins Cybersecurity Austria ebenso wichtig, junge Menschen mit gefragtem Fachwissen für eine zukünftige Laufbahn im IT-Sicherheitsumfeld zu gewinnen (Stichwort „Hacker“-Challenge).
Zur Schulbank mit 50
Von 2009 bis 2011 absolvierte er an der Donau-Universität Krems den postgradualen Lehrgang Information Security Management (ISM). Da war er 50 Jahre alt, seit 25 Jahren im Haus tätig und als Experte anerkannt. Warum er dennoch wieder die Schulbank drückte, begründet er so: „Ich war anfangs zu euphorisch und dachte, Sicherheit muss doch alle interessieren. Im Lehrgang habe ich besonders von den Modulen profitiert, die mir Einblicke in die Management-Sicht ermöglichten.“ Es war ihm wichtig seinen Vorschlag für eine sinnvolle IT-Sicherheitsstruktur auf Organisationsebene mit einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit zu untermauern.
Sein Leumund ist „National Clearance Top Secret“. Wer nun an rote Stempel auf geheimen Akten denkt, liegt falsch: „Ich lese keine geheimen Dokumente. Es geht darum, dass die Schlüssel zu den Datenspeichern in vertrauenswürdigen Händen liegen.“ Angesichts der Verantwortung wirkt Gottwald gelassen. Wenn der Vater zweier erwachsener Kinder das Büro verlässt, bleibt die Arbeit dort. Dann geht er mit seinem Hund spazieren und schaltet ab. Das macht er auch mit seinem Telefon während dreier Wochen im Jahr: Dann genießt er im australischen Outback den Sternenhimmel und die Stille.
DI Robert Gottwald, MSc, Jahrgang 1959 aus Wien, ist seit 2003 IT-Sicherheitsbeauftragter des Bundesministeriums für Inneres und leitet das BM.I-Trustcenter. Nach dem Studium Industrielle Elektronik und Regelungstechnik an der Technischen Universität Wien begann er 1984 im öffentlichen Dienst. Laufende Weiterbildung u. a. zum zertifizierten IT-Security-Manager und an der Sicherheitsakademie des BM.I. 2009 bis 2011 studierte er Information Security Management an der Donau-Universität Krems.
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