14.10.2021

Im Frühjahr 2021 befragte die Universität für Weiterbildung Krems in Kooperation mit den öffentlichen medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck, Wien und Linz Studierende der Humanmedizin zum Thema Digitalisierung in der medizinischen Betreuung. Dieses interdisziplinäre Projekt beleuchtet die Sicht von Nachwuchsmediziner_innen und gibt Einblicke in deren Einstellungen und Erfahrungen, aber auch in die Chancen und Risiken, welche sie bei telemedizinischen Anwendungen sehen.

Der Wert der Digitalisierung wurde in den vergangenen Monaten auf Grund der COVID-19-Pandemie zunehmend deutlicher – gerade auch für Mediziner_innen. Die telemedizinische Versorgung von Patient_innen gewann zunehmend an Bedeutung. Mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien können Leistungen des Gesundheitssystems auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der physische Kontakt nur bedingt möglich ist. Darüber hinaus schafft die Telemedizin eine Diagnose- und Therapiemöglichkeit mit räumlicher und zeitlicher Distanz zwischen Arzt bzw. Ärztin und Patient_in. Dies bietet insbesondere Zukunftschancen für ländliche Räume und kann zur Sicherstellung der flächendeckenden ärztlichen Versorgungstruktur beitragen. Während künstliche Intelligenz bereits lange Anwendung im Gesundheitsbereich findet, ist die Digitalisierung wie etwa bei der telemedizinischen Betreuung nicht weit fortgeschritten. Dies gilt nicht nur für Österreich, sondern auch für zahlreiche andere europäische Länder.

Die interuniversitäre Befragung beleuchtet die Meinungen der angehenden Ärztinnen und Ärzte, welche in Zukunft verstärkt mit digitalen Anwendungen konfrontiert werden. Zentrale Fragestellungen des Projekts sind: Wie sehen junge Mediziner_innen die Chancen und Herausforderungen ihrer Tätigkeit? Was bedeutet für sie die Digitalisierung der medizinischen Betreuung? Und welche telemedizinischen Möglichkeiten weisen großes Potenzial für alle Beteiligten auf?

Die Zukunft des Berufs

Über die Zukunft des Berufs tauschen sich mehr als ein Drittel der befragten Studierenden zumindest oft mit ihren Studienkolleg_innen aus. In der Interaktion dominieren die Themen der Ausbildung und der zu erwartenden Arbeitsbedingungen. Insbesondere die Wahl der Fachrichtung und die Vor- und Nachteile dieser Entscheidung spielen hierbei für die befragten Studierenden eine große Rolle. Bei der Frage, ob sie Allgemeinmediziner_in oder Fachärztin bzw. Facharzt werden möchten, zeigen sich große Unterschiede: 54 Prozent streben den Beruf der Fachärztin bzw. des Facharzts an, nur 5 Prozent möchten als Allgemeinmediziner_in arbeiten. Immerhin 23 Prozent können sich eine Ausbildung in beiden Bereichen vorstellen. Betrachtet man dazu die seit Jahren sinkende Zahl der Hausärzt_innen dürfte die telemedizinische Betreuung in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Potenziale und Herausforderungen

Gut drei Viertel (77 Prozent) der befragten Studierenden glauben, dass die Telemedizin in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Auch kann die COVID-19-Pandemie als Motor der Beschleunigung gesehen werden, da nun mehr als die Hälfte der Befragten angeben, häufiger über das Thema Telemedizin zu sprechen. Mit Blick in die Zukunft der angehenden Nachwuchsmediziner_innen gehen 38 Prozent davon aus, dass Telemedizin Teil ihres Berufsalltags wird. 44 Prozent sind jedoch noch nicht sicher. Deutlich wird ebenso, dass vielen der persönliche Kontakt mit den Patient_innen sehr wichtig ist.

Zu Themen mit besonderem Interesse gehören unter anderem die Grenzen und Möglichkeiten der Telemedizin, die praktische Umsetzung und rechtliche Rahmenbedingungen, aber auch die Betreuung von (älteren) Patient_innen. Potenziale sehen die Nachwuchsmediziner_innen beim schnellen Austausch mit Kolleg_innen, dem Systemerhalt in Krisenzeiten und der Betreuung von Patient_innen in ländlichen Räumen. Mögliche Herausforderungen für die telemedizinische Anwendung sehen sie bei juristischen und rechtlichen Fragen – insbesondere dem Datenschutz – der praktischen/technischen Umsetzung und dem Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt_innen und ihren Patient_innen.

Über den Telemed Monitor Nachwuchsmediziner_innen

Die Onlinebefragung wurde vom Research Lab Society in Transition der Universität für Weiterbildung Krems durchgeführt (Dr. Christina Hainzl, Msc, Isabella Juen, MA). Kooperationspartnerinnen des interuniversitären Projekts sind die Medizinische Universität Graz (Univ.-Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch), Medizinische Universität Innsbruck (Vizerektor Univ.-Prof. Peter Loidl, PhD), Medizinische Universität Wien (Assoc. Prof. Dr. Kathryn Hoffmann, MPH), Medizinische Universität Linz (Florian Stummer MBA, MPH). Im Rahmen der Erhebung haben 660 Studierende teilgenommen.

Ausblick

Der Telemed Monitor Österreich ist eine jährliche Studie, welche von der Universität für Weiterbildung Krems durchgeführt wird. Er versucht, die Entwicklung telemedizinischer Leistungen nachzuzeichnen, durch die jährliche Wiederholung vergleichbare Daten zu generieren sowie aktuelle Fragestellungen aufzugreifen. Der erste Telemed Monitor 2020, durchgeführt in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer, beschäftigte sich mit der Akzeptanz von Telemedizin bei niedergelassenen Mediziner_innen. Der zweite Telemed Monitor 2021 befragte Medizinstudierende zum Thema und wird in regelmäßigen Abständen wiederholt.

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