Ein Workshop bildet den Auftakt des Projekts „Industriekultur im Dialog“, das am 1. September 2023 im Stadtmuseum Korneuburg starten wird. Das FTI-Projekt (Forschungs-, Technologie- und Innovationsprogramm des Landes Niederösterreich) geht im Rahmen des Jubiläumsjahres „100 Jahre Niederösterreich“ der Frage nach, wie das Leben auf der Werft war und was das mit der Gegenwart zu tun hat. Das Zentrum für Kulturen und Technologien des Sammelns der Universität für Weiterbildung Krems wird mit dem Museumsverein Korneuburg das Thema generationenübergreifend, unter Einbeziehung von Jugendlichen, aufarbeiten.
Die ehemalige Schiffswerft prägt seit 1852 das Bild und ein Stück weit auch die Identität der Stadt Korneuburg. Nach der Schließung der Werft 1993 gelangten viele Objekte und Dokumente, die mit ihr in Zusammenhang stehen, in das Stadtmuseum Korneuburg. Die umfangreiche Sammlung von Schiffsmodellen, Textilien, technischen Geräten, Fotos und Urkunden wurde erst zu kleinen Teilen von ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen des Stadtmuseums näher erfasst. „Es fehlen insbesondere strukturierte Interviews mit Zeitzeug_innen, allen voran ehemaligen ‚Werflter_innen’, die nicht nur aus technischer, sondern auch aus gesellschaftshistorischer Sicht wertvolle Informationen zu den Sammlungsgegenständen, dem Werft-Leben als wichtigen Kontext und dessen Auswirkungen bis heute liefern können“, so Projektleiterin Univ.-Prof.in Dr.in Anja Grebe, Leiterin des Zentrums für Kulturen und Technologien des Sammelns.
Wissenschaftliche Erschließung der Alten Werft
Die Alte Werft gehört zu den bedeutendsten industriekulturellen Stätten in Niederösterreich. Sie war insbesondere in der Zeit ab der Gründung des Bundeslandes neben der ebenfalls lange zur Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft (DDSG) gehörenden Linzer Werft die größte Werftanlage Österreichs mit internationaler Reichweite. Eine städtebauliche Neuordnung des Industriegebietes ist derzeit im Gange, nur ein geringer Teil der Alten Werft steht unter Denkmalschutz. Ziel des Grundlagenprojekts ist die sammlungswissenschaftliche Erschließung relevanter Objekte mit Bezug zur Alten Schiffswerft – besonders der Lehrwerkstätte – und deren Anreicherung durch Interviews mit Zeitzeug_innen. Hierfür wird ein transdisziplinärer Zugang gewählt, bei dem unterschiedliche Disziplinen erweitert um eine gesellschaftliche Perspektive zusammenwirken.
Forschung mit Bürger_innen-Beteiligung
Durch einen intergenerativen, dialogbasierten Citizen Science-Ansatz werden auch Jugendliche der BHAK Korneuburg zusammen mit den Zeitzeug_innen weitere Aspekte erforschen. Gemeinsam werden sie zu ausgewählten Objekten und Dokumenten im Museum Korneuburg in einen Dialog über die Alte Werft Korneuburg und damit die Industriekultur ihrer Stadt treten. Die dabei entstehenden Erkenntnisse und die Weitergabe von kulturellem Wissen sollen digital aufbereitet in die bereits existierende MuseumsMenschen Web-App Eingang finden und so allen zukünftigen Museumsbesucher_innen im Multi-Media-Guide zur Verfügung stehen. „Diesen partizipativen Ansatz, durch den die Perspektiven der Jugendlichen und der Senior_innen auf das Thema gezeigt werden, konnten wir bereits im Pilotprojekt MuseumsMenschen im Schaudepot erproben“, erläutert Dr.in Hanna Brinkmann, M.A., die stellvertretende Projektleiterin. Das Pilotprojekt „MuseumsMenschen im Schaudepot“ wurde 2022 mit dem Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich in der Kategorie Erwachsenenbildung ausgezeichnet.
Vertiefte Zusammenarbeit
Die Kooperation zwischen dem Zentrum für Kulturen und Technologien des Sammelns am Department für Kunst- und Kulturwissenschaften der Universität für Weiterbildung Krems und dem Stadtmuseum Korneuburg geht mit diesem Projekt nach dem bereits erwähnten Pilotprojekt und dem vorangegangenen FTI-Forschungsprojekt MuseumsMenschen zur Gründungsgeschichte der Stadtmuseen in Niederösterreich bereits in die dritte Runde. Ing. Otto Pacher, Obmann vom Museumsverein Korneuburg und selbst ein ehemaliger „Werftler“ sowie Mag.a Melanie Lopin, Stellvertreterin des Obmanns und Kulturvermittlerin, freuen sich auf die Fortsetzung.
100 Jahre Niederösterreich
Ab September 2023 kann dieses Forschungsdesiderat dank der Finanzierung der Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich nun endlich aufgearbeitet werden. Niederösterreich feierte 2022 den 100. Geburtstag als eigenständiges Bundesland der Republik Österreich und förderte vor diesem Hintergrund Projekte der Grundlagenforschung, die sich entweder mit der kultur-, bildungs- und/oder gesellschaftspolitischen bzw. demokratiepolitischen Entwicklung Niederösterreichs in den letzten 100 Jahren beschäftigen oder mit Aspekten, die im Hinblick auf diese Entwicklung zukünftig von Relevanz sein werden.
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