Bereits seit zehn Jahren begeht die Universität für Weiterbildung Krems den internationalen Frauentag mit Vorträgen und Diskussionen, um genderrelevante Fragestellungen zu thematisieren. Die Herausforderungen des ungleichen strukturellen Umgangs mit den Geschlechtern im Wissenschaftsbetrieb und der Forschungspraxis bildete dieses Jahr das Thema der zahlreich besuchten Veranstaltung „Hidden Figures. Wie sich Gender Gaps in der Wissenschaft auf uns alle auswirken“. Zu sehen, was andere nicht sofort sehen, erweist sich dabei als vielversprechender Weg in die Zukunft.
Gerade von der Wissenschaft wird Objektivität erwartet, zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass es eine Schieflage gibt zuungunsten von Frauen: Als Forscherinnen im Wissenschaftsbetrieb selbst, und als Geschlecht, das aus methodischen Rastern fällt, weil Männer den Maßstab für die Erforschung etwa von Therapien oder die Entwicklung von Produkten bilden. Isabell Grundschober, BEd, BSc, MA und Alexandra Gössl, MA beide Zentrum für Lernsystemgestaltung und -transformation der Universität für Weiterbildung Krems, sowie die Technik- und Wissenschaftsforscherin am IFZ, MMag.a Dr.in Anita Thaler, warfen in ihren Keynotes anlässlich des Internationalen Frauentags an der Universität Krems Licht auf die vielen „hidden figures“ in der Wissenschaft.
Strukturen der Wissenschaft zuungsten von Frauen
Eine stark lineare Karriereplanung oder die ungleiche Verteilung von Frauen auf wissenschaftliche Disziplinen sind nur zwei von vielen strukturellen Merkmalen, die oft nicht gleich bemerkt werden, aber Geschlechterungleichheit fördern. Ein Sensorium für diese oft nicht gleich sichtbaren Strukturen oder ungleichen Privilegien quer über unterschiedliche Merkmale sowie Eigenschaften – Intersektionalität – zu entwickeln, um „hidden figures“ aufzuspüren, transparent und damit veränderbar zu machen, bietet das von Isabell Grundschober und Alexandra Gössl vorgestellte Modell des Professional Noticing. Es hilft sehen zu können, was andere nicht sehen. Professional Noticing bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, Situationen und in weiterer Folge Strukturen im Arbeitsumfeld situationsbezogen wahrzunehmen und ihre Beobachtungen zu nutzen, um fundierte Entscheidungen und Handlungen im Arbeitsalltag zu treffen. In diesem Fall nach wie vor bestehenden Strukturen, die zur Ungleichbehandlung von Frauen im Wissenschaftsbetrieb führen.
Der Gender Gap in der Forschung
Ob Osteoporose oder kardiovaskuläre Erkrankungen, Crash Test-Dummies oder Gesichtserkennungs-Software, die Forschung ist voll von Gender Gaps, die Frauen anders, zumeist ungünstiger behandeln, als Männer. In ihrer Keynote machte dies Anita Thaler vom Interdisziplinären Forschungszentrum Technik in Graz an zahlreichen Beispielen deutlich. Selbst manche Strategie, auf die Geschlechterunterschiede einzugehen, wie „Frauen sind ganz anders“ oder „Pink it and shrink it“ seien nicht zielführend, so Thaler, die anhand Gender-sensibler (Technik-)Forschung aufzeigte, wie erst durch Berücksichtigung vielfältiger Geschlechterdimensionen und dem Ansetzen an den Bedürfnissen tatsächlicher Nutzer_innen robuste Ergebnisse in der Forschung entstehen. Diese transdisziplinäre, partizipative und gendersensible Forschung, so Thaler sei erforderlich, um auch die anstehenden großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, wie sie durch die die Sustainable Development Goals der UN (SDGs) erfasst sind.
Strategische Verankerung von Gleichstellung und Diversität
In ihrer Begrüßung verwies Univ.-Prof.in Dr.in Viktoria Weber, Vizerektorin für Forschung und Nachhaltige Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems, auf die vielfältige Maßnahmen, die die Universität für Gleichstellung und Diversität setzt. Besonders hob Weber die Aktivitäten zur Förderung von jungen Wissenschafter_innen hervor, was sich u.a. im hohen Frauenanteil unter Assistenz- und Assoziierten Professuren zeige.
An der Universität für Weiterbildung Krems sind Gleichstellung und Diversität wichtige Zielsetzungen, in allen strategischen Dokumenten verankert und durch ein ausgewogenes Maßnahmenbündel unterstützt. Vor allem die Stabsstelle für Gleichstellung, Gender und Diversität und der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen und arbeiten gemeinsam mit vielen Akteur_innen der Universität für Weiterbildung Krems laufend daran, die Gleichstellungsperspektiven in Organisation, Forschung und Lehre zu stärken. Ziele sind das Erreichen eines ausgewogenen Geschlechterverhältnis auf allen Hierarchieebenen und der Abbau struktureller Barrieren.
Maßnahmen dazu umfassen beispielsweise das Mentoring-Programm „Karriere_Mentoring III“, welches gemeinsam mit den Universitäten Linz und Salzburg durchgeführt wird, das Entwicklungs- und Coachingprogramm „ENCO“, die Mobilitätsstipendien für Nachwuchswissenschafterinnen und ein Konzept zur „Entwicklung gleichstellungsorientierter Kriterien für Auswahlverfahren von Professor_innen“. Weiters verfügt die Universität über ein umfassendes Berichtswesen zum Gleichstellungsmonitoring. Eine 2024 erweiterte „Strategie zur sozialen Dimension“ soll der horizontalen Geschlechtersegregation entgegen wirken. Um den durch die Keynotes beschriebenen Gender Gap in der Forschung zu schließen, verfügt die Universität über ein Konzept zur „Integration der Gender- und Diversitätsperspektive in die Forschung“. Für Studierende wird der Department-übergreifende „Kurs zu Gender & Diversität“ durchgeführt.
Die als „Green Event“ zertifizierte Veranstaltung der Universität für Weiterbildung Krems zum internationalen Frauentag wurde gemeinsam vom Rektorat, der Stabsstelle für Gleichstellung, Gender und Diversität, dem Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen, dem Department für Weiterbildungsforschung und Bildungstechnologien, der Hochschüler:innenschaft der Universität für Weiterbildung Krems sowie dem 2023 gegründeten Campus_Network:Diversity* (Universität für Weiterbildung, IMC FH und Karl-Landsteiner-Privatuniversität) durchgeführt.
Rückfragen
Tags