13.06.2024

Vom 27. bis 31. Mai 2024 fand in der erdbebenzerstörten italienischen Stadt Accumoli im Rahmen des Erasmus+ Projekts „Complex Participatory Reconstruction of Urban Structures“ (ComPaRe) ein Projektseminar zum Wiederaufbau der Stadt statt. Dabei haben Wissenschafterinnen und Wissenschafter wie auch Studierende der Konsortialpartner zusammen mit der lokalen Bevölkerung Methoden und Instrumente getest und deren Eignung zur gesamtheitlichen Rekonstruktion beurteilt. Das Projektseminar wurde von der Universität von Camerino und der Tschechischen Technischen Universität Prag organisiert, die Projektleitung obliegt dem Research Lab Nachhaltiges Baukulturelles Erbe der Universität für Weiterbildung Krems.

Das Projektseminar fokussierte auf modellhafte Anwendungen von partizipativen Methoden und Instrumenten, welche die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, Vereine, Behörden sowie weiterer Verantwortlicher in den Wiederaufbauprozess gewährleisten. Zur Unterstützung der Aktivitäten werden technische Instrumente wie „Topothek“, „erweiterte Realität“, „multidimensionale Modelle“ (räumlich, zeitlich, funktional), „Photogrammetrie“ (ein Bildmessungsverfahren) oder „Laser-Scanning“ eingesetzt. Mit Hilfe dieser Instrumente wird das lokale Wissen und die Geschichte systematisiert erfasst, die mehrschichtigen Wertigkeiten der Landschaft, Gesellschaft und der Wirtschaft identifiziert wie auch die Bedürfnisse der Bevölkerung und die infrastrukturellen Gegebenheiten dokumentiert und bewertet. All diese Wissensgrundlagen gilt es derart aufzubereiten, dass diese im Wiederaufbauprozess Berücksichtigung finden. Für ihre berufliche Praxis sammeln dabei die Studierenden der Projektpartner praktische Erfahrungen im technologieunterstützten, partizipativen Planungsprozess. Seitens der Projektverantwortlichen wird die Eignung und Wirksamkeit der Methoden und Instrumente wissenschaftlich bewertet.

Anwendungserweiterung der Topothek

Als besonders geeignetes Instrument erweist sich dabei die in Österreich entwickelte Topothek – eine interaktive online Datenbank, die es ermöglicht, den Genius Loci durch verortete Photographien, Erinnerungen, Geschichten und weitere Medien festzuhalten. „Unser Ziel ist es, die Topothek dazu zu nutzen, das kollektive Wissen für den Wiederaufbau zu erschließen. Die Dokumente aus den Privatarchiven unterstützen die Planungsgrundlage und generieren zudem wichtige Informationen zur Nutzung und zur Historie der zu rekonstruierenden Bauten. Die Topothek, deren Einrichtung in Accumoli wir durch das Projekt „ComPaRe“ erreicht haben, bleibt nach dem Projekt erhalten“, erklärt der Projektleiter Univ.-Prof. Dipl. Arch. ETH Dr. Christian Hanus von der Universität für Weiterbildung Krems.

Einsatz von Multisensor-Robotern

Die Aktivitäten im Rahmen des Projekts „ComPaRe“ werden synergetisch genutzt mit dem Projekt „Robotic operated multi-sensor system for digital Cultural Heritage documentation and monitoring“ (heritageROSS), welches im Rahmen des Programms „Digitale Infrastrukturen“ vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützt wird. Ein besonderes Einsatzgebiet von Multisensor-Robotersystemen stellen auch Katastrophengebiete mit hohem Zerstörungsgrad dar, deren Begehung für Menschen zu gefährlich ist. Mittels dieser Systeme können Einsatzkräfte bei der Planung der Bergungseinsätze unterstützt werden und Zustandsveränderungen der zerstörten Gebäude überwacht werden. In Accumoli erfolgt ein Austausch mit den Feuerwehren, dem Zivilschutz und dem Kulturministerium wie Probeeinsätze in der Roten Zone. „3-D-Scans der gesamten roten Zone bilden die Datengrundlage für die örtlichen Roboter-Einsätze“, hält ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. PD Wolfgang Neubauer fest.

Museum zum Wiederaufbau

Für den kommenden Herbst ist geplant, vor der Wiederaufbauschule in Accumoli ein Museum für die virtuelle Darstellung des Wiederaufbaus zu eröffnen. Dort werden Ergebnisse aus bisherigen und laufenden Projekten der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Über das Konsortium

Zum von der Universität für Weiterbildung Krems koordinierten internationalen Partnerkonsortium zählen die Universität La Sapienza Rom, die Universität Camerino, die Tschechische Technische Universität Prag, die Masaryk-Universität in Brünn, die Slowakische Technische Universität Bratislava, die Technische und Wirtschaftswissenschaftliche Universität Budapest und die Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik. Als assoziierte Partner beteiligen sich die Gemeinde Accumoli, das Päpstliche Athenaeum Sant’Anselmo in Rom, der Verein „Venti di Cultura“ und „Europa Nostra Austria“ am Projekt.

Zum Anfang der Seite