Beschreibung
Wohlfahrtschauvinismus begann als populistischer politischer Appell an Wähler mit anti-immigrantischen Einstellungen und gewann im Laufe der Jahrzehnte in europäischen Wohlfahrtsstaaten an Beliebtheit. Er fiel bei Wählern mit bereits vorhandenen anti-immigrantischen Einstellungen auf fruchtbaren Boden und bot ihnen Rechtfertigung für ihre Standpunkte. Wohlfahrtschauvinismus impliziert, dass Immigranten weniger Anspruch auf die Wohlfahrtsleistungen des Landes (wie Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, öffentliche Schulen, Bargeldtransfers usw.) haben sollten, da sie keinen oder nur begrenzten Beitrag zum Wohlfahrtsstaat leisten und sich in Bezug auf ihre kulturellen, religiösen, ethnischen oder anderen Eigenschaften von Einheimischen unterscheiden. Beide Argumente sind diskriminierend, aber sie greifen auf unterschiedliche Mechanismen zurück. Das erste Argument adressiert die Wahrnehmung fairer Umverteilung. Es bedient Präferenzen für Reziprozität und Angst vor Ausbeutung. Das zweite Argument kultiviert eine auf ethnischer oder kultureller Herkunft basierende Diskriminierung und verlangt, dass Wohlfahrtsleistungen nicht zwischen verschiedenen Gruppen ausgetauscht werden sollten. Die vorgeschlagene Forschung nutzt Experimente, um die Ursachen des Wohlfahrtschauvinismus zu entschlüsseln. Darin werden distributive Entscheidungen analysiert. In einigen Situationen werden Ressourcen, die zwischen zwei Parteien aufgeteilt werden müssen, durch asymmetrische Beiträge der Parteien aufgebaut – d.h. eine Partei hat weniger beigetragen als die andere. Außerdem werden Entscheidungen untersucht, bei denen die zu verteilenden Ressourcen zwischen Parteien mit unterschiedlichen Gruppenidentitäten aufgeteilt werden sollten. Insbesondere unterscheiden sich diese Gruppen hinsichtlich ihres ethnischen, kulturellen oder religiösen Hintergrunds. Um ein umfassendes Bild von der Relevanz von Beiträgen und Gruppenidentitäten in distributive Entscheidungen zu erhalten, werden sowohl die Entscheidungen von Stakeholdern (für die das Ergebnis der Verteilung finanziell relevant ist) als auch die Entscheidungen von Zuschauern (für die das Ergebnis nicht relevant ist) untersucht. Der Vergleich der Entscheidungen von Stakeholdern und Zuschauern erlaubt einen detaillierten Einblick in die Veränderung von Präferenzen durch egoistische Motive. Einige Experimente werden außerdem untersuchen, ob sich Personen, die sich ungerecht behandelt fühlen, eher unethisch verhalten werden und inwiefern dies davon abhängt, ob unethisches Verhalten zu einer finanziellen Entschädigung führt. Darüber hinaus wird untersucht, ob Menschen diejenigen bestrafen, die von Umverteilung profitiert haben. Schließlich werden die vorgeschlagenen Studien auch mögliche Nachteile von Versuchsdesigns aufzeigen, in denen Zuschauer kein finanzielles Interesse an den Ergebnissen ihrer Entscheidungen haben, aber aus anderen Gründen voreingenommen sein könnten. Die Untersuchung der Auswirkungen beider Argumente und das Verständnis der Mechanismen des Wohlfahrtschauvinismus sind ein wichtiger Schritt zur Gestaltung von Migrationspolitik, die von der breiten Öffentlichkeit akzeptiert wird. Dieser Ansatz könnte die Polarisierung innerhalb der Gesellschaft entlang der Linien von Einheimischen und Einwanderern vermindern und die Attraktivität populistischer politischer Bewegungen verringern.
Details
Projektzeitraum | 01.10.2023 - 07.07.2027 |
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Fördergeber | FWF |
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Projektverantwortung (Universität für Weiterbildung Krems) | Dr. Linda Dezso |