Die Arbeitswelt, in die Absolventinnen und Absolventen einsteigen, sei dynamisch und sehr schwer vorherzusagen, sagte Susanna Leong. Sie ist Vice Provost der Master-Programme und des lebensbegleitenden Lernens an der National University of Singapore (NUS). Technologie entwickle sich rasend schnell weiter, der Klimawandel und geopolitische Spannungen würden zu Herausforderungen führen. Darauf müssten auch Universitäten vorbereitet sein. Leongs Ausgangsfrage bei der vierten Veranstaltung von CACE („Crossroads in Academic Continuing Education“) war, ob ihre Studierenden für die Zukunft vorbereitet seien.
Der Ansatz, einmalig an einer Universität zu studieren und einen Abschluss zu machen, der dann für das ganze Leben ausreichen soll, sei für die Expertin veraltet. Wichtig sei in der heutigen Zeit vielmehr, sich das ganze Leben lang weiterzubilden. Auch wenn lebensbegleitendes Lernen kein neues Konzept ist, sei es doch lange unterschätzt worden, meinte Leong. Mittlerweile sei aus dem „Good-to-Have“ ein „Must-Have“ geworden. Das gelte vor allem für ein Land wie Singapur, das vor allem auf seine humanen Ressourcen angewiesen sei. Leong zitierte Bildungsminister Chan Chun Sing, der bei einer Veranstaltung feststellte, dass nicht nur in die ersten 15 Jahre Ausbildung investiert werden müsse, sondern ebenso in die darauffolgenden 50 Jahre.
Die National University of Singapore habe sich vorgenommen, Studierende in ihrer mentalen Resilienz und Anpassungsfähigkeit zu fördern. Dafür notwendig seien Curricula, die flexibel sind, kritisches Denken unterstützen und auf Kompetenzen des 21. Jahrhunderts setzen. Die Universität würde zudem ein neues Bildungsmodell entwickeln, das Studierende ihr ganzes Leben lang begleitet.
Es brauche Angebote zur Weiterbildung und zur Umschulung, die personalisierbar auf vielfältigen Lernwegen angeboten werden. Um tatsächlich niederschwellig zu sein, sei auch eine finanzielle Unterstützung notwendig. Die NUS verfolge den Ansatz, Weiterbildung fix in das aktuelle System zu integrieren. Die 16 Institute der Universität verfügten nun in allen Fachrichtungen über Weiterbildungsangebote. Alumni sollen zu lebensbegleitendem Lernen motiviert werden. So sollen auch Singapurs Unternehmen durch Weiterbildung wettbewerbsfähig bleiben.
In ihrem Vortrag erklärte Leong außerdem das System der Micro-Credentials an der National University of Singapore. Micro-Credentials sind eine Form des Qualifikationsnachweises für kleinere Lerneinheiten. Sie würden es erlauben, Programme in kleinere Komponenten zu zerlegen. So könnten Lernende ihr Wissen vertiefen und erweitern, ohne gleich einen ganzen Bachelor oder einen ganzen Master absolvieren zu müssen. Zudem werde mit Unternehmen zusammengearbeitet, sodass Studienangebote danach ausgerichtet werden, welche Fähigkeiten und welches Wissen gebraucht werden.
Zu den Vorteilen von Micro-Credentials zählen für Leong deren Flexibilität, wodurch Lernende in der Lage sind, unterschiedliche Verantwortlichkeiten unter einen Hut zu bringen. Außerdem würden sie es erlauben, sehr spezifische Fähigkeiten zu lehren. Ein weiterer Vorteil sei, dass man sie gemeinsam mit Unternehmen gestalten könne und sie auf spezifische Rollen abgestimmt werden können, was ein konkretes berufliches Weiterkommen ermögliche. Durch Micro-Credentials würden Lernende selbst entscheiden können, welche Inhalte sie vertiefen wollen.
Um lebensbegleitendes Lernen umzusetzen, verfüge die Universität über eine eigene Einheit. Diese soll die Fakultäten dabei unterstützen, Weiterbildungskurse in hoher Qualität anzubieten. Mit innovativen Kursen will die Universität für den Arbeitsmarkt relevant sein. Und in Kooperation mit anderen Universitäten in Singapur soll ein System des lebensbegleitenden Lernens aufgebaut werden, das allen zugänglich ist.