In Äthiopien und Indien – wie auch in vielen anderen Entwicklungs- und Schwellenländern – erweisen sich aktuelle Projekte des staatlichen sozialen Wohnbaus als wenig effizient. Mehr Erfolg versprachen sich die TeilnehmerInnen einer internationalen Fachdiskussion an der Donau-Universität Krems von Initiativen zur Verbesserung der Infrastruktur in bestehenden Slums.
Mehr als eine Milliarde Menschen leben weltweit unter prekären Bedingungen, meist in informellen Stadtvierteln mit ungenügender Infrastruktur. Und die Tendenz ist steigend: Laut Schätzungen könnte sich diese Zahl bis 2030 verdoppeln. Gleichzeitig erfüllen jedoch gerade Slums eine wichtige Funktion, indem sie den einzigen leistbaren Wohnraum für einkommensschwache Gruppen darstellen.
"Gerade die Unsicherheit, zum Beispiel durch fehlende Landrechte, hält häufig auch die Preise im informellen Landmarkt niedrig", erklärte Prof. Dr. Darshini Mahadevia, Direktorin des Centre for Urban Equity an der CEPT University in der indischen Stadt Ahmedabad in ihrem Vortrag an der Donau-Universität Krems.
Austausch der Erfahrungen in Indien und Äthiopien
Bei der Fachdiskussion "BInUCom meets SES", im Rahmen derer sich die Partner der beiden von der Donau-Universität Krems koordinierten Projekte "Building Inclusive Urban Communities" und "Social Inclusion and Energy Management for Informal Urban Settlements" erstmals trafen, ging es um den Austausch der jeweiligen Modelle und Erfolgsgeschichten aus Indien und Äthiopien.
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„Beispielsweise kann Äthiopien die in Indien gemachten Erfahrungen bei der Einbeziehung des privaten Immobiliensektors in den sozialen Wohnbau nutzen.“
Dipl.-Ing. Dr. Tania Berger
Koordinatorin und Leiterin des Fachbereichs für "Sozialraum und Migration"
So fehlt es in den Bauprojekten, die im Rahmen des Integrated Housing Development Program (IHDP) der äthiopischen Regierung seit 2005 realisiert wurden, häufig an Infrastruktur, Schulen, Gesundheitseinrichtungen, öffentlichem Transport. Hinzu komme, dass die im Rahmen des IHDP gebauten Wohnungen für die Zielgruppe der einkommensschwachen Haushalte schlichtweg zu teuer sind. "Im Endeffekt wohnt die Mittelklasse dort", betonte Dawit Benti, MArch vom Ethiopian Institute of Architecture, Building Construction and City Development in Addis Abeba. Außerdem, so Wortmeldungen, sei die Bauqualität mancher Projekte sehr mangelhaft, sodass diese teilweise bereits nach zehn Jahren zusammenzubrechen drohen.
Transportkosten zentral
Dieselben Probleme kennt man auch aus Indien, berichtete Darshini Mahadevia aus dem indischen BinUCom-Projektteam. Viele Projekte des öffentlichen Wohnbaus seien dort in Außenvierteln weitab des öffentlichen Transports erbaut worden. Für SlumbewohnerInnen seien die tagtäglichen Transportkosten für den Weg zu ihrem Arbeitsplatz dann zu hoch. Eine kritische Evaluierung des öffentlichen Wohnbaus seit dem Jahr 2008 habe ergeben, so Darshini Mahadevia, dass in den Wohnbauten an der Peripherie oft 80 bis 90 Prozent der Wohnungen leer stünden; es gebe Plünderungen, die ausgebauten Türen würden auf dem Schwarzmarkt verkauft: "Diese Form des öffentlichen Wohnbaus funktioniert nicht", so die Städteplanerin.
Bessere Chancen habe man bei einem Upgrade bestehender Slums im Sinne einer Verbesserung der Infrastruktur: "Eine in-situ Verbesserung ziehen auch die BewohnerInnen einer Umsiedelung vor", sagt Darshini Mahadevia, man müsse sich aber Slum für Slum die Situation ansehen.
Dies erfordere komplexe Studien, wie sie ihr Zentrum in zahlreichen Slums durchgeführt hat; aufbauend auf Google-Maps-Plänen wurden die jeweiligen Communities – in diesem Fall nach Sprachgruppen und Kasten – in den Slums erhoben, die Zahl der BewohnerInnen sowie deren geschätzte Finanzkraft erhoben und Fokusgruppendiskussionen mit BewohnerInnen durchgeführt. Die beiden internationalen Kooperationsprojekte BInUCom und SES, die im Rahmen der EU-Programmlinie ERASMUS+ gefördert werden, zielen darauf ab, das Thema Informelles Wohnen in der Hochschulbildung von zukünftigen ArchitektInnen, StadtplanerInnen und KonsulentInnen in Indien und Äthiopien zu verankern. Die Projekte werden im Rahmen des vor einem Jahr gegründeten Fachbereichs "Sozialraum und Migration" des Departments für Migration und Globalisierung der Donau-Universität Krems koordiniert; eingebunden sind auch das Department für Wirtschafts- und Managementwissenschaften sowie das Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems.
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