Die Ad-hoc-Umstellung auf Distance Learning war die größte organisatorische Veränderung in der jüngeren Vergangenheit der Hochschulen. In seiner Studie beschreibt das Department für Hochschulforschung Entwicklung und Situation an öffentlichen Universitäten, Fachhochschulen, Privatuniversitäten und Pädagogischen Hochschulen in Österreich anhand von mehr als 250 Publikationen und Berichten.
Mit dem Department für Hochschulforschung und der österreichweit einzigen Professur für Hochschulforschung und -entwicklung kommt der Universität für Weiterbildung Krems eine wichtige Rolle in der Analyse und Weiterentwicklung der Hochschullandschaft zu. Mit der Studie „Distance Learning an österreichischen Hochschulen im Sommersemester 2020 und Wintersemester 2020/21“, die durch das Forum Neue Medien Austria (fnma) unterstützt wurde, konnte die Umstellung auf Distance Learning sowie mögliche Potenziale von neuen Lehr- und Lernformaten kritisch beleuchtet werden. Die Studie liefert eine umfangreiche Analyse über die Grenzen der einzelnen Universitäten und Hochschulen hinaus und schafft damit einen systemischen Überblick über die Herausforderungen aber auch Chancen von Distance Learning.
Von einer Randerscheinung zur systemweiten Praxis
Grundlage der Studie bilden die im April 2021 zugänglichen über 250 Publikationen und Berichten. Diese umfassen neben ersten fachwissenschaftlichen, begutachteten Publikationen auch eine Reihe von Lageberichten, Fallstudien und insbesondere die Ergebnisse von institutionellen Umfragen bei Studierenden und Lehrenden. War Distance Learning vor COVID-19 in Österreichs Universitäten und Hochschulen noch eine Randerscheinung, wurde dieser Modus schlagartig zu einer systemweiten Praxis. Förderlich bei der Umstellung war, dass insbesondere die größeren Institutionen eine technische und organisatorische Infrastruktur zumindest in Planung hatten. Gerade die ersten Wochen und Monate waren mit großem Ressourcenaufwand verbunden, um die notwendigen rechtlichen, technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen und um einen umfassenden hochschulischen Lehrbetrieb im Distance Learning zu gewährleisten.
Herausforderung auch für Studierende
Auch die Perspektive der Studierenden wurde berücksichtigt. Sie spürten die plötzliche Veränderung der örtlichen, zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. So gewannen die technischen Voraussetzungen beispielsweise die Anforderungen an die Ausstattung und der Internetanschluss an Bedeutung. Gleichzeitig wurde für viele eine hochschulnahe Wohnung überflüssig. Auch auf das verfügbare Einkommen hatte die Situation oftmals unmittelbare Auswirkungen. Während die eingeschränkte Kommunikation mit Lehrenden und Mitstudierenden als Herausforderung wahrgenommen wurde, war das Arbeiten mit Aufzeichnungen, die im eigenen Lerntempo verwendet werden konnten, ein neugewonnener Vorteil.
Erkenntnisse aus der Umstellung
Die Studie gelangte zu einer Reihe zentraler Einsichten und Empfehlungen zum Thema Distance Learning. Durch die Identifikation von methodisch-didaktischen Lehr- und Prüfungsinnovationen wurde eine Bestandsaufnahme geschaffen, die den Lehrenden systematisch zugänglich gemacht und so mittelfristig Einzug in das Lehrangebot finden wird. Nach der krisenbedingt schnellen Umsetzung im ersten COVID-19-Semester und der Konsolidierung danach konnte ein konkreter Bedarf an angepassten rechtlichen, finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen für die nachhaltige Verankerung von Distance Learning festgemacht werden. „Einer der wesentlichen Faktoren bleibt aber weiterhin das Engagement der Lehrenden für gute Lehre an Hochschulen“, so Studienkoordinator Univ.-Prof. Dr. Attila Pausits. Durch die Veränderungen im Tätigkeitsprofil der Lehrenden erscheint aber eine verstärkte mediendidaktische und digitale Kompetenzförderung sinnvoll.
Durch die praktischen Erfahrungen offenbarte sich auch, für welche Lehrveranstaltungstypen keine gleichwertigen Alternativen zur physischen Anwesenheit etwa in Laboren oder Werkstätten geboten werden können. Bei den Themen Massenprüfungen auf Distanz und Prüfungsaufsicht zeigte sich, dass diese mit hohem technischen Aufwand und Stress für die Studierenden verbunden sind. „Universitäten und Hochschulen sind mehr als nur Lernwerkstätte und müssen für die Zukunft den richtigen Mix zwischen Präsenz- und Onlineunterricht finden“, betont Attila Pausits. Die Pandemiesituation verdeutlichte auch die Bedeutung des institutionellen Peer Learnings, das Know-how der Fachnetzwerke, die Leistungen der Serviceeinrichtungen und die Rolle des kollegialen Miteinanders.
Forschung als Beratungsgrundlage
Im Rahmen der Studie werden auch Forschungsanliegen formuliert, unter anderem die wie sich Distance Learning auf den Kompetenzerwerb auswirkt und welche möglicherweise benachteiligende Folgen sich für die Bildungsbiografien ergeben. Die Ergebnisse dieser Studie bilden auch eine evidenzbasierte Grundlage für die Arbeitsgruppe zum Thema „Digitales Lehren, Lernen und Prüfen“, um in diesen Bereichen die Qualität weiter zu steigern.
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