Rechts- und Sozialwissenschafter_innen setzten mit INTER!ACT gemeinsam mit Schüler_innen eine digitale Interaktionsplattform auf. Mit ihr haben Vertreter_innen aller Stakeholder-Gruppen – Kreativschaffende, Nutzer_innen, Intermediäre – das Urheberrecht und neue Modellregelungen diskutiert. Die umfassende Analyse dieses Diskussionsprozesses brachte wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung urheberrechtlicher Ansätze.
In dem Maß, wie es durch die Digitalisierung und Social Media für die Bürger_innen einfacher wurde, eigene Inhalte zu erstellen und auf fremde zuzugreifen, wuchs auch die praktische Bedeutung des Urheberrechts. War es früher ein Spezialthema für Verlags- und Medienhäuser, betrifft es heute die Bürger_innen in vielfältiger Weise. Trotzdem fließt ihre Perspektive nur beschränkt in den Gesetzgebungsprozess ein. Es fehlt die Möglichkeit, eigene Erfahrungen und Bedürfnisse in konstruktiver Weise in den Meinungsbildungs- und Gesetzgebungsprozess einzubringen. Um die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Gesetzgebung zu stärken, stellen Evidenz und Rückmeldungen aus der Bevölkerung wertvolle Beiträge dar.
Wissenschaftlich begleiteter Austausch
Das Top-Citizen-Science-Forschungsprojekt nimmt sich dieser Bürger_innen-Perspektive an und untersucht, welche Themen und Herausforderungen ihren persönlichen und beruflichen Alltag im Umgang mit dem Urheberrecht bestimmen. Weiters wird der Frage nachgegangen, welche Aspekte des Urheberrechts Eingang in den gesellschaftlichen Diskurs gefunden haben und wie diese bewertet werden. Dafür verfolgt das transdisziplinäre Projekt einen Citizen-Science-Ansatz, bei dem Bürger_innen auf verschiedenen Ebenen in den disziplinenübergreifenden Forschungsprozess integriert werden. Neben Fachpublikationen und wissenschaftlichen Vorträgen gehen auch eine Reihe von Outreach-Aktivitäten wie etwa populärwissenschaftliche Vorträge und Workshops hervor.
Zentraler Outcome ist die für das Projekt entwickelte Interaktionsplattform, welche die Infrastruktur für die Bürger_innenbeteiligung bildet und umfassende wissenschaftliche Analysen der gewonnenen Diskussionsdaten ermöglicht.
Nutzen für Bürger_innen und Gesetzgebung
Für den urheberrechtlichen Diskurs und die rechtswissenschaftliche Forschung konnten aus den Diskussionsdaten wertvolle Impulse gewonnen werden. Dabei wurden die Verständlichkeit des Gesetzes, die geografische Geltung des Urheberrechts und die Digitalisierung als zentrale Brennpunkte der Diskussion identifiziert. Die Teilnehmer_innen haben klarere Begriffsdefinitionen gefordert, wodurch die Vorhersehbarkeit von Rechtsfolgen erhöht werden sollte. Als möglicher Lösungsweg könnten Generalklauseln dienen, die durch beispielhafte Aufzählungen präzisiert werden. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Urheberrecht wurde bei den Teilnehmer_innen – das waren vor allem Schüler_innen, Studierende und Berufstätige – auch Bewusstsein und Akzeptanz für das Urheberrecht entwickelt.
Breiter Diskurs für zeitgemäßes Urheberrecht
Durch die Mitwirkung digital aktiver Bürger_innen in den Diskussionsprozess zur Reformierung des Urheberrechts ist es gelungen, nicht nur die wissenschaftliche Community, sondern auch die Zivilgesellschaft einzubinden. So werden hier Stellungnahmen von Interessensgruppen im Reformprozess ersichtlich, die sonst keinen Einfluss haben. Immerhin bezeichneten sich 87 Prozent der User_innen als Lai_innen auf dem Gebiet des Rechts.
INTER!ACT – Interaktive konsensbasierte Entwicklung eines Modell-Urheberrechtsgesetzes
Projektzeitraum: 2017-2021
Fördergeber: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (OeAD), Top Citizen Science
Projektverantwortlich: Univ.-Prof. Ing. Dr. Clemens Appl, LL.M.
Wissenschaftliche Mitarbeiter: Univ.-Prof. Mag. Dr. Philipp Homar; Mag. Stefan Knotzer
Koordination: Universität für Weiterbildung Krems, Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen
Partner:
HTL Krems; MM Webconsulting; TGM – Die Schule der Technik, HTBLuVA Wien Wirtschaftsuniversität Wien
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