Beschreibung

Niederösterreich gilt in der allgemeinen Wahrnehmung vor allem als Agrarland. Dass der ländliche Raum auch ein Ort der Industrie war und ist, wurde bislang höchstens am Rande thematisiert. Industrie verbindet sich in erster Linie mit Städten, in Niederösterreich mit jenen des sog. Industrieviertels. Bislang weitgehend unerforscht sind hingegen die zahlreichen kleineren Industriestätten in ländlichen Gemeinden, die sich in allen „Vierteln“ des Bundeslandes finden. Industriekultur gehört zumeist zum “ungeliebten”, vielfach übersehenen Kulturerbe. Selbst wenn die Anlagen etwa in einer Ortschronik verzeichnet sind, fehlt in der Regel eine nähere Beschäftigung mit ihnen – ungeachtet der Tatsache, dass die Betriebe vielfach über Jahrzehnte bis Jahrhunderte die Geschichte eines Ortes und seiner Bewohner_innen mitgeprägt haben und noch mitprägen. Gleiches gilt für Objekte und Dokumente aus bzw. zu den Betrieben in örtlichen Museumssammlungen und Archiven. Die Katalogisierung und Erschließung der reichen industriekulturellen Sammlungsbestände in Niederösterreich, ihre Sicherung und Zugänglichmachung v. a. auf digitalem Wege stehen noch aus. Auf inhaltlicher Ebene hat das Citizen Science-Projekt “Industrie im Dorf” zum Ziel, das rurale industriekulturelle Erbe Niederösterreichs erstmals umfassender zu erforschen, digital zugänglich zu machen und das Bewusstsein für die Bedeutung des Industrieerbes besonders auf lokaler und regionaler Ebene zu steigern. Es nimmt die baulichen Anlagen ebenso wie die Geschichte, die Objekte und die Dokumente gleichermaßen in den Blick. Dabei werden auch dynamische Aspekte, etwa hinsichtlich der Funktions- und Nutzungsveränderungen von Gebäuden und Infrastrukturen ebenso wie von Gegenständen und Dokumenten berücksichtigt, etwa in Bezug auf wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Veränderungen oder denkmalpflegerische Zugänge. Auf methodischer Ebene sollen gemeinsam mit den Citizen Scientists neue Wege der partizipativen Erforschung des ruralen Industrieerbes erarbeitet, erprobt, evaluiert und dokumentiert werden. Der prozessorientierte Zugang umfasst neben der kollaborativen Ausarbeitung der Verfahrensweisen und Workflows auch die Erarbeitung von qualitativen sowie quantitativen Bewertungskriterien. Eine Besonderheit des Projekts besteht in seinem nachhaltigen Ansatz, indem es weitestmöglich auf bereits bestehende örtliche Kulturerbe-Initiativen zurückgreift und deren Wissen und Kompetenzen hinsichtlich der Erforschung der ruralen Industriekultur in kollaborativen Prozessen weiterentwickeln möchte. Ausgehend von bereits aktiven Bürgerforscher_innen möchten wir weitere interessierte Personen wie Zeitzeug_innen und speziell auch Jugendliche als Citizen Scientist motivieren und involvieren. Insbesondere planen wir mit drei bestehenden Hauptgruppen von Bürgerforscher_innen zusammenzuarbeiten, die die entsprechende Expertise zu den Orten, deren Geschichte, Gebäuden und den vielfältigen Erinnerungsspuren besitzen: die Regional- und Heimatforscher_innen, die Topothekar_innen und die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen in Orts- und Regionalmuseen mit industriekulturellen Beständen.

Details

Projektzeitraum 01.09.2025 - 30.08.2028
Fördergeber Bundesländer (inkl. deren Stiftungen und Einrichtungen)
Department

Department für Kunst- und Kulturwissenschaften

Zentrum für Kulturen und Technologien des Sammelns

Projekt­verantwortung (Universität für Weiterbildung Krems) Univ.-Prof. Dr. Anja Grebe
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