Am 26. Mai 2018 trafen sich 14 Teilnehmer_innen aus Österreich, Kroatien, Großbritannien, Italien, Rumänien, Schweiz und den USA zu der Kulturgüterschutz-Übung TRITOLIA18 im Osten Österreichs. Ziel der Übung war die Bergung von Kulturgütern nach einem Erdbeben und der Ausbau von Fähigkeiten in der Zusammenarbeit mit Rettungseinheiten - in diesem Fall mit dem Rette- und Bergezug des Österreichischen Bundesheeres. Ein Großteil der Teilnehmer_innen war vertraut mit Kulturgüterschutzaufgaben und somit konnten sich alle durch unterschiedliches Spezialwissen zur Rettung und Behandlung von Kulturgütern einbringen.
Die Übung wurde als gemeinsame Veranstaltung der Donau-Universität Krems und der zweiten ABC-Abwehrkompanie des Österreichischen Bundesheeres im Rahmen von ProteCHt2save organisiert, als Teil des Arbeitspakets T3, welches den Schwerpunkt auf Kulturgüterschutzrettungsteams und Trainingsmöglichkeiten legt. Das Übungsgelände des Österreichischen Bundesheeres Tritolwerk ist eine alte Munitionsfabrik aus dem Ersten Weltkrieg, welche erst kürzlich zu einem Übungsgelände für weltweite Rettungsmissionen umfunktioniert wurde. Dies bietet den Vorteil zur Übung realer Szenarien, jedoch in einer geschützten Umgebung. Für diese Übung wurde das Tritolwerk in eine fiktive kaiserliche Sommerresidenz umgewandelt. Die Bedeutung dieser fiktiven Sommerresidenz "Burg Tritol" ist als Analogie zum österreichischen UNESCO Weltkulturerbe Schloss Schönbrunn in Wien zu sehen.
Tag 1
Ein virtuelles Erdbeben der Stärke 5,8 auf der Richter-Skala erschütterte den östlichen Teil Österreichs am Morgen des 26. Mai – so hat die Übung gestartet. Am Anfang standen Briefings über das Vorgehen des Österreichischen Bundesheeres in solchen Situationen und den Ablauf ihrer Entscheidungsfindungsprozesse. Danach wurden die Teilnehmer_innen in Gruppen aufgeteilt, um mögliche Szenarien für die zur Kulturgüterschutzbergung alarmierten Rette- und Bergeteams auszuarbeiten. Währenddessen wurden in diesem fiktiven Szenario die Menschen gerettet und aus der Erdbebenregion evakuiert. Die drei Teams mussten wiederholt dem Kommandanten des ABC-Abwehrkommandos über mögliche Einsätze des Rette- und Bergezugs berichten und kamen schlussendlich zu der Entscheidung, den Zug von Mautern zur Burg Tritol zu verlegen. So endeten der erste Tag und die theoretische Übung.
Tag 2
Am zweiten Tag wurden die Teams als Kulturgüterschutz-Aufklärungsteams zu Burg Tritol geschickt. Dort überarbeitete man die für die Notsituation entwickelten Pläne und sprach darüber, wie der Rette- und Bergezug, der in den frühen Morgenstunden des dritten Tages ankommen sollte, eingesetzt werden soll.
Von allen unterschiedlichen Arten von Kulturgütern in der Burg Tritol konnten eine Statue am Dach der Burg, eine alte Büste in einem unterirdischen Lapidarium, ein Portrait und eine Truhe, welche beide vollständig unter der eingestürzten Betonkonstruktion begraben waren, und ein schwerer Bildstock mit einem alten und sehr seltenen Fresko nicht von den Teams selbst geborgen werden, dafür benötigten sie schweres Gerät des Rette- und Bergezugs. Wertvolle Stücke des Mobiliars, die astronomische und die Papyrus-Sammlung, sowie andere Gemälde der Portraitgalerie, konnten von den Kulturgüterschutzteams selbst geborgen werden.
Der zweite Tag endete mit einem Plan für die Evakuierung am dritten Tag und einer Vorlesung wie man das Inventar vor Ort organisiert und wie die geborgenen Materialen behandelt werden. Cristina Collettini vom italienischen Ministero dei beni e delle attività culturali e del turismo, Teil des Krisenstabs von Lazio, und Major Luigi Manusco von der Carabinieri Tutela Patrimonio Culturale teilten ihre Erfahrungen und ihr Wissen über die Arbeit in einem Erdbebenszenario. Beide stellten dankenswerterweise die Verbindung der Übung zu realen Szenarien wie den jüngsten Erdbeben in Italien her.
Tag 3
Um 6:00 Uhr am dritten Tag trafen der Rette- und Bergezug zur Bergung der Kulturgüter auf der Burg Tritol ein und begannen mit den üblichen Vorgehensweisen nach dem Eintreffen in einem Krisengebiet und den Vorbereitung für ihre Arbeit. Dies beinhaltet unter anderem die Einrichtung einer Versammlungszone für mögliche Nachbeben. Der Zugskommandant wurde durch die Kulturgüterschutzexpert_innen informiert, die von nun an nicht länger in drei Teams unterteilt waren, sondern zu einer Gruppe von Expert_innen zusammengeführt wurden. Die Gruppe übernahm dann von ihrer Kulturgüterschutz-Kommandantin Kimberly Himmer, Spieldesignerin und vormalige US Navy Offizierin, die zugewiesenen Standorte. Die Arbeit an mehreren Standorten parallel sichert eine schnelle Rettung der Kulturgüter vor Ort. Die Kulturgüterschutz-Standortmanager_innen und das Militär sicherten an ihren unterschiedlichen Standorten die Bergung der wichtigsten Stücke der Burgsammlung und Andenken an die kaiserliche Familie. Unter den Objekten, die geborgen wurden, war das Archiv der früheren kaiserlichen Familie, welches durch ein während der Bergung ausgebrochenes Feuers beschädigt wurde. Das Feuer wurde bald durch die Feuerwehr gelöscht, aber das feuchte Archivmaterial musste behandelt werden – eine weitere überraschende Aufgabe für die Teilnehmer_innen, die fachkundig ausgeführt wurde.
Die geborgenen Güter wurden vor Ort verpackt und zur Inventarisierungsstation gebracht, die von Cristina Collettini professionell geführt wurde. Cristina Collettini trug dafür Sorge, dass alle Objekte dem Platz wo diese gefunden wurden auch zugewiesen werden konnten, während sie verwahrt oder zu einem sicheren Ort gebracht wurden.
Die oberste Priorität des Rette- und Bergezugs des Österreichischen Bundesheeres ist die Rettung von Menschen, welche in eingestürzten Bauten gefangen sind, die Bergung von Toten, Tieren und Sachwerten. Sachwerte können zum Beispiel Kulturgüter sein. Die Ziele des militärischen Personals waren die Entwicklung von zusätzlichen Werten für die ABC-Abwehr, Logistik und Ingenieurselemente durch Generierung von vertieftem Wissen im Kulturgüterschutz und der Behandlung von Kulturgütern nach Katastrophen, sowie das Erlernen wie zivile Kulturgüterschutzexpert_innen in militärische Strukturen eingebunden werden können.
Die Herausforderungen für die Teilnehmer_innen der Übung lagen in der Zusammenarbeit mit dem Militärkommando beim Mitwirken zur Entscheidungsfindung, bei der Beurteilung der Risiken für bewegliche und unbewegliche Kulturgüter, bei der Arbeit in Krisenstäben und bei der Koordination der Bergung von Kulturgütern in enger Zusammenarbeit mit den Soldaten des Rette- und Bergezugs.
Das Projekt ProteCHt2save startete – dem Zeitplan voraus – Arbeitspaket 3, welches sich mit Kulturgüterschutzteams und ihrem Training befasst, mit der Übung TRITOLIA18 und wird mit der Entwicklung eines einwöchigen Trainingsprogramms für zivile Expert_innen und Notfalleinheiten für die Bergung von Kulturgütern nach Naturkatastrophen fortsetzen.
Impressionen der KGS-Übung
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