26.11.2024
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Lukas Roth Cologne, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Erstmals in Österreich teilen sich vier Institutionen die Aufgabe der Sicherung und Bearbeitung eines bedeutenden und vielfältigen architektonischen Vorlasses. Entlang seines Wirkens und Schaffens übergibt der Architekt Adolf Krischanitz sein umfangreiches Archiv 2024 an das Architekturzentrum Wien (Az W), das Österreichische Museum für angewandte Kunst (MAK), das Archiv der Zeitgenossen in Krems und das gta-Archiv an der ETH Zürich.

Adolf Krischanitz agierte von Beginn an global und regional, seine Projekte sind weit über Österreich hinaus bekannt. Seiner vordergründig minimalistisch anmutenden Formensprache verleiht Krischanitz mittels historischer Anleihen stets eine erzählerische Tiefe. In der Zusammenschau des Vorlasses repräsentieren sich Krischanitz’ lebenslanges Interesse an Städtebau, Räumen für Kunst, Bildung und Arbeit sowie seine Leidenschaft für Interieurs.

„Meine Vision vom architektonischen Raum zielt auf die eines Gesamtklangs, kein Element soll wichtiger sein als das andere, keine forcierte Konstruktion, keine polierten technischen Installationen, kein Materialfetischismus. Es geht also um die Gleichwertigkeit verschiedener Elemente, die als größere immaterielle, aber durchaus resistente Wirkung im architektonischen Raum als Kontinuum aufgeht, als ein gleichsam alle Sinne erfassendes Strömen.“ (Adolf Krischanitz)

Diese überregionale Vorlass-Kooperation beschreitet neue Wege in der Bewahrung des kulturellen Erbes. Das Az W beweist seit vielen Jahren als österreichisches Architekturmuseum seine Expertise in der Übernahme und Bearbeitung von Vor- und Nachlässen und übernimmt den größten Bestand des Vorlasses. Die Möbel finden in der herausragenden Sammlung des MAK ihre neue Heimat, und in dem von Krischanitz selbst entworfenen Archiv für Zeitgenossen in Krems können seine Bauten für Niederösterreich beforscht werden. Materialien zu seinen realisierten Werken in der Schweiz finden im gta-Archiv in Zürich ihren Platz. Im Rahmen der Kooperation besteht nun die Möglichkeit, Forschungen zum Werk von Adolf Krischanitz in einem fachübergreifenden Kontext zu vertiefen.

Ina Krischanitz-Watkins, Tochter Adolf Krischanitz; Anna Dabernig, Atelier Krischanitz
„Es freut uns besonders, dass das umfangreiche Werk von Adolf Krischanitz an so wichtigen Institutionen für die zukünftige Forschung gesichert ist und durch die Kooperation eine breite Kontextualisierung ermöglicht wird. Dies manifestiert seinen interdisziplinären Zugang und die geografischen Schwerpunkte der Arbeit des Ateliers.“

Angelika Fitz, Direktorin Architekturzentrum Wien
„Das Az W freut sich sehr über diese großzügige Schenkung und die vorbildliche Kooperation zwischen den vier Institutionen. Das Az W verfügt über die umfangreichste und bedeutendste Sammlung zur österreichischen Gegenwartsarchitektur und bietet lokalen und internationalen Forscher*innen ein einzigartiges Umfeld für die Kontextualisierung und die Vermittlung des Werks von Adolf Krischanitz.“

Lilli Hollein, Generaldirektorin, MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst
„Adolf Krischanitz war nicht nur als Architekt, sondern auch als Möbel- und Innenraumgestalter äußerst erfolgreich. Im Zuge der Aufteilung von Krischanitz‘ Vorlass erhält das MAK eine umfangreiche Schenkung aus diesem ganz wesentlichen Bereich seines international renommierten Oeuvres. Insbesondere die Möbel, die über eine Spanne von vier Jahrzehnten und meist im Zusammenhang mit den eigenen Architekturprojekten von Adolf Krischanitz entstanden sind, zeichnen sich durch eine konsequente Gestaltung und die Ausgewogenheit von Form und Funktion aus. Das MAK freut sich ganz besonders über diese bedeutende Schenkung, die den Bestand der Sammlung Möbel und Holzarbeiten nicht nur um eine zentrale Position des österreichischen Designs bereichert, sondern auch die Kontinuität einer bis in die Moderne zurückreichenden Wiener Möbeltradition über die Postmoderne bis in die Gegenwart an hervorragenden Beispielen nachvollziehen lässt.“

Helmut Neundlinger, Leiter Archiv der Zeitgenossen in Krems
„Adolf Krischanitz entwarf die Gestaltung der Benutzer*innen-Räume des Archivs der Zeitgenossen an der Universität für Weiterbildung Krems. Insofern ist die Sammlung künstlerischer Vor- und Nachlässe, die 2010 von der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich gegründet wurde, aufs Engste mit der ästhetischen Handschrift des Architekten verbunden. Es freut uns daher besonders, dass wir nun jenen Teilbestand, der die Pläne und Dokumente all seiner Projekt mit Bezug zum Bundesland Niederösterreich enthält, in unsere spartenübergreifende Sammlung aufnehmen können.“

Irina Davidovici, Leiterin gta-Archiv, ETH Zürich
„Das Archiv des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta Archiv) ist das größte Architekturarchiv der Schweiz. Es ist eine öffentliche Forschungseinrichtung, angegliedert am Departement Architektur der ETH Zürich und seit seiner Gründung eng mit der Forschung und Lehre verbunden. Das gta-Archiv konzentriert sich auf die Sammlung, Erhaltung und Vermittlung von Architekturdokumenten mit geografischem Schwerpunkt Schweiz. Durch seine enge Vernetzung mit den hiesigen Fachkreisen wie durch seine Positionierung im internationalen Architekturdiskurs ist es die geeignete Institution, um die wichtigsten Schweizer Bauten und Projekte des österreichischen Architekten Adolf Krischanitz zu bewahren. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit dem MAK und dem Az W in Wien wird das gta-Archiv seinen Teil des Adolf Krischanitz-Archivs für die Forschung sowie für Ausstellungen und Publikationen öffnen. Gemeinsames Ziel ist es die Sichtbarkeit des architektonischen Oeuvres zu erhöhen und den Diskurs über die gesellschaftliche Wirkung von Architektur auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern.“

Adolf Krischanitz, geb. 1946 in Schwarzach im Pongau, studierte Architektur an der TU Wien und leitete gemeinsam mit Angela Hareiter und Otto Kapfinger das Architekturkollektiv Missing Link. Er war Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA), Präsident der Wiener Secession und hatte Professuren in Wien, München, Berlin, Karlsruhe und Neapel inne. Zu seinen wichtigsten Projekten zählen u. a. die Kunsthalle in Krems oder am Karlsplatz, der Umbau und die Erweiterung des 21er-Hauses und die zweimalige Sanierung der Secession. Seine Wohnbauprojekte Pilotengasse und Hadersdorf sowie seine Projekte am Novartis und Züricher Campus.

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