05.03.2020
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SILVA NORTICA Archäologische Dienstleitungen OG

Wolfgang Breibert, Nina Brundke und Martin Obenaus, Richtstättenarchäologie in Niederösterreich. Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen des Gföhler Richtplatzes 2015 und 2016. In: Thomas Kühtreiber, Ronald Risy, Gabriele Scharrer-Liška, Claudia Theune (Hrsg), Leben mit dem Tod, Der Umgang mit Sterblichkeit in Mittelalter und Neuzeit, Beiträge der internationalen Tagung in St. Pölten (11. bis 15. September 2018) = Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 35, 2019, S. 100–117.

In den Jahren 2015 und 2016 wurden auf dem Richtplatz des ehemaligen Landgerichtes Gföhl archäologische Grabungen durchgeführt. Dieser ist der einzige in Niederösterreich, der bis jetzt vollständig und interdisziplinär untersucht wurde, ähnliche archäologische Arbeiten in Österreich wurden bisher lediglich in der Steiermark und im Salzburger Lungau durchgeführt. Daneben beschäftigte sich allerdings die historische Forschung auch aus onomastischer und topographischer Sicht schon länger mit der Problematik der Richtstätten.

Die Überreste der Richtstätte befinden sich auf einer markanten Kuppe aus Gföhler Gneis unweit der alten Kremserstraße in der Katastralgemeinde Gföhleramt der Stadtgemeinde Gföhl im Waldviertel (Bezirk Krems-Land). Aufgrund der guten Archivlage konnte die Vollstreckung von zwölf Urteilen zwischen 1675 und 1759 festgestellt werden. Sieben der Delinquenten wurden nachweislich auf dem Ortsfriedhof bestattet. Es konnte eine mehrphasige Nutzung des Hochgerichtes nachgewiesen werden. Auf einen älteren Galgenbau aus Holz folgte ein jüngerer in Stein. Dokumentiert wurden „Verlochungen“ (pietätlose, einfache Gräber) von vier Individuen im unmittelbaren Umfeld des Galgens und einzelne, menschliche Knochen. Die anthropologische Analyse des Knochenmaterials lässt Aussagen über das Leben und teilweise auch zum Lebensende der Hingerichteten zu. Gemeinsam mit den Schriftquellen konnten Hinweise auf die Identität der hier bestatteten Personen gefunden werden. Der Galgen wurde im 18. oder 19. Jahrhundert demoliert und aufgegeben.

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