Die Eröffnung des 15.govcamp Vienna 2024 in der Wien-Akademie erfolgte von Brigitte Lutz und Thomas Schuhböck als VertreterInnen der Stadt Wien und erinnerten dabei an wichtige Erfolge des Formats wie der Diskussion des WienBots. Als Input stellte das Organisationskomitee die vielfältigen Barrieren vor, auf welche man leider zu oft trifft.
Bild vom Organisationskomitee
Bild von der digitalen Sessionplanung
Session 1 - Informationsflüsse bei Überschwemmungen von Gregor Eibl
Gregor Eibl leitete eine Session, die sich mit den besonderen Anforderungen an Informationsflüsse während Überschwemmungen beschäftigte. Eine Krise wurde dabei als ein Ereignis definiert, das die verfügbaren Kapazitäten übersteigt. Es wurde diskutiert, dass eine Erhöhung dieser Kapazitäten, auch wenn sie mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, die Schwelle verschieben kann, ab wann ein Ereignis als Krise gilt. Notfallmanagementpläne spielen hierbei eine zentrale Rolle und müssen flexibel sowie sowohl digital als auch analog verfügbar sein, um in unterschiedlichen Situationen genutzt werden zu können.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf den kritischen Informationen, die während einer laufenden Krise vermittelt werden müssen. Dazu zählen klare Anweisungen darüber, welche Maßnahmen zu ergreifen sind und welche Aktivitäten zu unterlassen sind. Diese Informationen sollten individuell und ortsbezogen bereitgestellt werden, da sich die Vorgaben regional unterscheiden können. Auch die besonderen Herausforderungen für systemrelevante Personen, wie Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, die gleichzeitig einer regulären Beschäftigung nachgehen, wurden thematisiert. Hier entstehen oft Interessenkonflikte, die berücksichtigt werden müssen. Die Bedeutung einer klaren Kommunikation durch die Verantwortlichen und die Vermeidung eines Informationsvakuums durch die Einbindung der Medien wurden ebenfalls hervorgehoben. Abschließend wurde betont, dass Notfallpläne kontinuierlich durch neue Datenquellen und regionale Besonderheiten verbessert werden sollten, um eine effektive Krisenbewältigung zu gewährleisten.
Session 2 - Vom Informationsfreiheitgesetz zu Transparenzbarrieren von Eesti, Lukas und Fussel
Die Diskussion befasst sich mit zwei zentralen Herausforderungen im Bereich der Barrierefreiheit für gehörlose Menschen. Erstens ging es um die Frage, wie Behördeninformationen für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zugänglich gemacht werden können, etwa für Legastheniker*innen oder in Gebärdensprache. Die Praxis zeigt, dass barrierefreie Prozesse, wie die Bereitstellung von Informationen in einfacher Sprache oder Gebärdensprache, oft nicht ausreichend umgesetzt werden. Dabei liegt es weniger an fehlendem Willen der Verwaltung, sondern an begrenzten Ressourcen. Eine Lösung könnte darin bestehen, mehr Personal für diese Aufgaben zu gewinnen oder bestehende Vertrauenspersonen innerhalb der Verwaltung besser zu vernetzen.
Die zweite Herausforderung betrifft die Übersetzung von Informationen in einfache Sprache. Dabei gibt es oft Probleme mit Übersetzungsfehlern, die die Verständlichkeit beeinträchtigen. Es wird vorgeschlagen, Juristinnen in den Übersetzungsprozess einzubinden, um sicherzustellen, dass keine wichtigen rechtlichen Inhalte verfälscht werden. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass durch die Vereinfachung von Sprache keine neuen Barrieren entstehen. Eine mögliche Lösung ist die Bereitstellung von Informationen auf niedrigeren Sprachniveaus (A1/A2) und die Einführung von verständlicheren Formaten, wie z. B. Erklärvideos in Gebärdensprache.
Beide Herausforderungen erfordern eine stärkere Einbindung der betroffenen Menschen, um Lösungen zu finden, die ihre Bedürfnisse besser berücksichtigen. Ein Ansatz könnte sein, mehr Informationen über geeignete Kanäle wie den Österreichischen Gehörlosenbund zu verbreiten und vermehrt Gebärdensprachdolmetscher in der Verwaltung sowie in Unternehmen einzusetzen. Zudem wird vorgeschlagen, den Zugang zu Informationen und Bildung für gehörlose Menschen, etwa durch angepasste Schulbildung und spezialisierte Lehrkräfte, weiter zu verbessern.
Session 3 – AI for Resilient Communities and Smart Cities by Gabriela Viale Pereira and Valerie Albrecht
Die einzige englischsprachige Session in diesem Jahr, geleitet von Gabriela Viale Pereira, Assoziierte Professorin der Universität für Weiterbildung Krems, bot Einblicke in die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) in Smart Cities. Sie thematisierte urbane Governance, die Entwicklung widerstandsfähiger Gemeinschaften und die Minderung von Risiken wie der Klimakrise.
Diskutiert wurde, wie durch KI effektive und adaptive Smart Cities entstehen können, z. B. in Verkehr, Energie oder Abfallmanagement. Praxisbeispiele wie KI-gestützte Notrufkoordination in Frankreich veranschaulichten Lösungsansätze. Erfolgsfaktoren für KI-Entwicklung wurden definiert, darunter klare Problemdefinitionen, geeignete Datenqualität und Standards sowie die Nutzung kollaborativer Prozesse zwischen Universitäten, Regierungen und anderen Institutionen.
Ein zentraler Punkt war die Bedeutung eines rechtlichen Rahmens für Datenmanagement und die Abwägung zwischen technischer Infrastruktur und Regulierungen. Teilnehmer betonten, dass nicht nur reguliert, sondern auch Trainingsdaten besser kuratiert werden müssen, da Datenqualität oft entscheidend für KI-Erfolg ist. Transparenz und Fehlerakzeptanz wurden als essenziell für Innovation hervorgehoben, da aus Fehlern wertvolle Lernerfahrungen resultieren können.
Die Session legte zudem Wert auf die Bedeutung von Standards in Europa, um Innovationen voranzutreiben. Die Ergebnisse fließen in zukünftige Projekte zu KI und Smart Cities sowie in Programme des Zentrums für E-Governance der UWK ein, darunter KI-Service-Design und generative KI.
Session 4 - Data Opener Central Europe: Herausforderungen beim Publizieren offener Daten von Bernhard Krabina
Das kürzlich gestartete Projekt DoorCE fördert die Einrichtung lokaler Open-Data-Hubs in Zusammenarbeit mit Partnern aus sieben mitteleuropäischen Ländern. Ziel ist es, qualitativ hochwertige und dynamische Daten bereitzustellen. Im Rahmen des Projekts werden zwei Anwendungsfälle bearbeitet: einer im Bereich Tourismus und Klima sowie ein weiterer im Bereich Smart City Pilots.
Ein Leitfaden für offene Daten, der speziell Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Sektors zum Thema Open Data adressiert, wurde vorgestellt. Während einer Diskussion wurden die Herausforderungen bei der Veröffentlichung offener Daten erörtert. Dabei wurde deutlich, dass das Informationsfreiheitsgesetz keine konkreten Anforderungen an das Datenformat stellt. Das Informationsweiterverwendungsgesetz zielt zwar darauf ab, strukturierte Daten bereitzustellen, jedoch fehlen rechtliche Konsequenzen, falls Behörden keine aktiven Veröffentlichungen vornehmen. Allein gesetzliche Verpflichtungen reichen jedoch nicht aus; es bedarf auch einer überzeugenden Argumentation, um Menschen für die aktive Veröffentlichung offener Daten zu gewinnen.
Ein weiteres diskutiertes Problem betrifft die Rückwirkung von Qualitätsverbesserungen bei der Veröffentlichung auf die Quellsysteme. Im Projekt wird auch die weit verbreitete Nutzung von CSV-Dateien thematisiert. Dabei stellt sich die Frage, wie und wo Attributbeschreibungen erfolgen sollen. Es sollte angestrebt werden, so viel Standardisierung wie möglich – beispielsweise durch die Nutzung von Schema.org – in den Datenfeldern umzusetzen.
Session 5 – Digitaler Humanismus und ehemalige europäische Kolonien von Petra Weschenfelder
Die Session beschäftigte sich mit der Frage, wie der Digitale Humanismus über Europa hinausgedacht und ehemalige Kolonien stärker einbezogen werden können. Es wurde diskutiert, dass viele kulturelle Daten aus diesen Ländern gestohlen und oft falsch zugeordnet oder in problematischem, rassistischem Kontext dargestellt sind. Gleichzeitig haben betroffene Gemeinschaften häufig keinen Zugang zu diesen Daten, da sie in exklusiven wissenschaftlichen Systemen verbleiben. Es wurde erörtert, wie Daten durch Open Access und Open Data zugänglicher gemacht werden können, ohne dabei neue Machtverhältnisse zu schaffen.
Als positives Beispiel wurden die Digital Humanities genannt – ein Bereich, der digitale Werkzeuge nutzt, um kulturelles Erbe zugänglich zu machen und Daten zu teilen. Digital Humanities schaffen Plattformen, auf denen wissenschaftliche Daten bereitgestellt werden, um kulturelle und wissenschaftliche Ressourcen offener verfügbar zu machen. Abschließend wurde die Notwendigkeit betont, entsprechende Projekte und Diskussionen anzustoßen, um Wissen gerechter zu teilen und eine verantwortungsvolle Nutzung kultureller Daten zu ermöglichen.
Session 6 - SDG Once Only aus User:innen Sicht von Thomas Rupprecht, Björn Lellmann
Prozesse für die digitale Umsetzung müssen grundsätzlich neu gedacht werden. Eine direkte 1:1-Übersetzung bestehender analoger Prozesse in digitale Formate ist nicht zielführend. Ein gutes Beispiel hierfür ist der „digitale Akt“. Viele dieser Prozesse wurden ursprünglich für Papierdokumente konzipiert, wodurch digitale Systeme häufig noch „in Papierlogik“ programmiert sind. Um die Vorteile der Digitalisierung voll auszuschöpfen, müssen die Prozesse nicht nur digitalisiert, sondern auch so umgestaltet werden, dass sie die spezifischen Potenziale und Anforderungen der digitalen Welt berücksichtigen.
Ein weiteres Problem stellt der Föderalismus dar, der die Digitalisierung der Verwaltung verkompliziert. Jede Behörde und Dienststelle entwickelt ihre eigenen Systeme, was zu einer Fragmentierung führt und die Standardisierung erschwert. Ein konkretes Beispiel sind die Blockaden, die bei der Einführung einer einheitlichen digitalen Signatur auftreten, da unterschiedliche Stellen unterschiedliche Anforderungen und Systeme verwenden.
Darüber hinaus stellt die Umsetzung der EU-Verordnung „Single Digital Gateway“ (Art. 14) eine weitere Herausforderung dar. Diese Verordnung sieht vor, dass Bürgerinnen ihre Anfragen und Nachweise über ein nationales System einreichen können, das nahtlos mit den Systemen anderer Mitgliedsstaaten verbunden ist. Eine große Hürde hierbei ist die datenschutzrechtliche Einwilligung sowie die Verständlichkeit des Prozesses für den User. Um konsenslose Datenübermittlungen zu vermeiden, müssen zwei Zustimmungen eingeholt werden – eine für die Anfrage und eine für die Vorschau. An einem praktischen Beispiel, wie der Studienbestätigung, stellt sich die Frage, ob die betroffenen Nutzerinnen verstehen, dass sie auf ein System eines anderen Mitgliedstaates zugreifen, was für die Akzeptanz des digitalen Prozesses entscheidend ist.
Session 7 - IFG 2025 in kleineren Gemeinden von Thomas Rupprecht
Die Förderung des digitalen Akts und der digitalen Gemeinderatssitzungen soll in den Fokus gerückt werden, um die Effizienz und Transparenz in der Verwaltung zu steigern. In diesem Kontext ist es wichtig, Initiativen wie data.gv.at weiter voranzutreiben, um einen zentralen Zugangspunkt für offene und zugängliche Verwaltungsdaten zu schaffen. Dies würde nicht nur die Digitalisierung der Verwaltung fördern, sondern auch zur Stärkung des Vertrauens in öffentliche Institutionen beitragen.
Besonders für kleinere Gemeinden stellt sich die Frage nach Ressourcen-Pooling, um die Herausforderungen der Digitalisierung und der Informationsfreiheit zu bewältigen. Es könnte eine verpasste Chance sein, den Gemeinden keine zentralen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um diese Herausforderungen zu adressieren. Ein Informationsfreiheits-Beauftragter in jeder einzelnen Gemeinde könnte aufgrund der begrenzten Ressourcen schwer realisierbar sein. Die Datenschutzbehörde könnte jedoch eine wertvolle Unterstützung bieten, indem sie gezielte Schulungen zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen für die Gemeinden organisiert. Hier könnte der Gemeindebund eine Schlüsselrolle spielen, indem er den Gemeinden Ressourcen und Unterstützung bereitstellt. Auch Fortbildungsangebote über die Kommunal-Akademie könnten dazu beitragen, das nötige Wissen für die digitale Transformation der Gemeinden aufzubauen und deren Verwaltungskompetenz zu steigern.
Session 8 – Qualifizierung im Digitalen Bereich von Emad Easa
Emad Easa von Beyond thematisierte die Qualifizierung im digitalen Raum und betonte die Herausforderungen nachhaltiger Digitalisierung, insbesondere in der Softwareentwicklung. Digitale Bildung ist essenziell, da die Zukunft der Digitalisierung von gut ausgebildeten IT-Fachkräften abhängt. Allerdings erschweren Fachkräftemangel, fragmentierte Prozesse und unzureichende Ressourcen eine effektive Umsetzung. Jobanforderungen, wie Universitätsabschlüsse, verdeutlichen die Bedeutung von Wissensmanagement und Kollaboration für Berufseinsteiger. Ein zentrales Problem ist, dass europäische Entwickler zu wenig Zeit mit dem eigentlichen Programmieren verbringen, was zu Qualitätsmängeln und Ineffizienzen führt. Nachhaltiges Testen wird durch Zeit- und Ressourcenmangel behindert, und je später Fehler entdeckt werden, desto teurer wird deren Behebung. Testen, Feedback und Reviews sind oft unzureichend integriert, was Probleme verschärft.
Easa betonte, dass prozessgeleiteter Wandel, qualifizierte Beratung und digitale Bildung entscheidend sind. Der öffentliche Bildungsauftrag müsse gestärkt werden, da Digitalisierung ein sozioökonomisches Projekt ist. Kooperationen zwischen Universitäten und Industrie sowie praxisorientierte Ansätze sind essenziell. Schon im Schulsystem sollten Grundbildung und Begeisterung für digitale Themen gefördert werden, um lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Die Kompetenz zum Umsetzen und Erleben von Digitalisierung in Unternehmen ist zentral. Nur durch nachhaltige Veränderungen und gezielte Weiterbildungsangebote können die Herausforderungen adressiert und weiße Flecken in der digitalen Kompetenzkarte geschlossen werden.
Session 9 – Barrierefreie Informationsweitergabe von Philipp Etzlinger
In der Session wurde ein Projekt vorgestellt, das das Prinzip Click and Translate nutzt, um barrierefreie Kommunikation zu fördern. Dabei werden interaktive Untertitel unter gestreamten Fernsehinhalten angeboten, die es ermöglichen, auf einzelne Wörter zu klicken, um deren Übersetzung anzuzeigen. Diese Wörter werden zusätzlich in einer Vokabelsammlung gespeichert, die später mit Kontextinformationen genutzt werden kann. Ziel ist es, sprachliche Vorentlastung zu schaffen und das Erlernen neuer Sprachen zu erleichtern.
In der Diskussion wurden mögliche weitere Anwendungsgebiete für diese Technologie erörtert, etwa in der Bildung oder für Webinare. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass sich die Qualität solcher Tools durch den Einsatz von KI kontinuierlich verbessert. Das Projekt unterstützt aktuell 17 Sprachen und wird stetig erweitert, um den Zugang zu Informationen weiter zu vereinfachen und sprachliche Barrieren abzubauen.
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