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Sie ist omnipräsent und aus dem öffentlichen Diskurs kaum wegzudenken: die künstliche Intelligenz (KI). Und sie hat weitreichende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft – und damit auch auf die Lehre und das Lernen. Welche das sind, darüber sprach Philippa Hardman bei der vierten Veranstaltung von CACE („Crossroads in Academic Continuing Education“). Hardman ist Lehrende an der University of Cambridge und eine Vordenkerin in Sachen Lerndesigns.  

Wie Menschen lernen und welche Rolle Technologie dabei spielt, beschäftigt Hardman seit vielen Jahren. Seit dem Aufkommen generativer KI habe sie sich auf die Frage fokussiert, ob diese unsere Art zu Lehren grundlegend verändert.  
 
Aktuell drehe sich der Diskurs vor allem um die Risiken von KI für die akademische Integrität. Denn die Tools seien mittlerweile in der Lage, Aufgaben zu lösen und Texte zu schreiben – und zwar besser als durchschnittliche Studierende. Die KI nutze eine Menge an Daten, die sie analysiert und aus der sie anschließend neues Material erzeugt. Indem KI-Modelle mit vorgegebenen Datensätzen antrainiert werden, reproduzieren die Tools auch die zugrundeliegenden Vorurteile bzw. Wertungen. Das könne zum Teil schwere Folgen haben, betonte Hardman, und führte als Beispiel die Medizin an: Dort gäbe es Fälle falscher Diagnosen und falscher Behandlungen, weil Daten und Diagnosen genutzt worden seien, die auf weiße Männer ausgerichtet waren. Andere Gruppen wie Frauen oder People of Color hingegen seien nicht ausreichend repräsentiert gewesen, deshalb habe für sie die vorgeschlagene Behandlung nicht gepasst.  

KI könne in kürzester Zeit sehr gute Texte abliefern, was die akademische Sphäre vor eine „existentielle Krise“ stelle. Darauf werde derzeit auf unterschiedliche Arten reagiert. Eine Strategie von Bildungsinstitutionen sei, die Studierenden ihre Aufgaben, Essays oder Präsentationen wieder in den Seminarräumen unter kontrollierten Bedingungen erledigen zu lassen. Zur Sicherstellung der Urheberschaft würden einige Institutionen auch spezielle Programme einsetzen, die erkennen sollen, ob ein Text von einem Menschen oder einer KI verfasst wurde. Allerdings arbeiten diese Programme laut einer Studie nur mit einer 26-prozentigen Erkennungsquote. Außerdem habe sich herausgestellt, dass diese Programme ihrerseits nicht vorurteilsfrei arbeiteten: Texte von Menschen, deren Muttersprache nicht Englisch ist, würden fälschlicherweise als KI-generiert identifiziert. Schließlich gäbe es auch KI-Tools, mit deren Hilfe KI-generierte Texte menschlicher erscheinen – ein unbefriedigendes Katz-und-Maus-Spiel. 
 
Hardman plädierte für einen anderen Weg – die KI in die Lehre zu integrieren. So soll statt der bloßen Wissensaneignung die Vermittlung von Kritikfähigkeit oder Problemlösungskompetenz an die Studierenden im Fokus stehen.  Studierende nutzen eben auch generative KI, um an Informationen zu kommen und Gedanken zu sortieren. Die Kenntnisse, die sie dabei erwerben, nämlich Analyse- und Interpretationsfähigkeit oder digitale Fähigkeiten, seien im 21. Jahrhundert unerlässlich. Was diese KI-basierten Lernräume außerdem auszeichnet: Der Fokus verlagert sich dort von Vorlesungen und Prüfungen zum projektbasierten Lernen.  

Für Lehrende bringe diese Integration der künstlichen Intelligenz eine Umstellung, räumte Hardman ein. Wichtig sei, dass sie Gelegenheit bekommen, sich selbst ausreichend Wissen rund um KI und ihren Einsatz anzueignen, auch hinsichtlich neuer Lehrmethoden. Für Studierende bedeute die Integration von KI wiederum, dass sie zu kritischen Benutzerinnen und Benutzern sowie Gestaltenden der Technologie werden und eine aktive Rolle einnehmen müssten. Damit all das gelinge, sei der Wille zu Veränderungen im manchmal starren Bildungsbereich erforderlich, resümierte Hardman.  

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