Das Projekt „Kloster_Musik_Sammlungen“, gefördert vom FTI-Programm des Landes Niederösterreich, ist der Erforschung der Musikarchive der niederösterreichischen Stifte Göttweig, Klosterneuburg und Melk gewidmet. Im 18. Jahrhundert angelegt, gehören sie zu den ältesten noch bestehenden Sammlungen in Niederösterreich. Doch trotz des Reichtums ihrer Bestände und der großen internationalen Bedeutung gab es lange kaum Forschungen zu den Archiven.
Zu den Hauptzielen des Kooperationsprojekts gehört die nach gemeinsam erarbeiteten Kriterien vorgenommene musik- und sammlungswissenschaftliche Erschließung sowie Digitalisierung und Edition der für das regionale, nationale und internationale Musikerbe wichtigen Bestände als Grundlage für die weitere Forschung und Musikpraxis.
Während der rund zweijährigen Laufzeit des Projekts mit Start Ende 2017 werden wesentliche Kernbestände der Musiksammlungen der drei Klöster tiefenerschlossen. Dabei konnten nicht nur viele Musikalienbestände überhaupt erstmals aufgearbeitet, sondern auch bislang unbekannte Sammlungsteile entdeckt und zahlreiche Neuzuordnungen vorgenommen werden. Damit werden nun wesentliche Bausteine des profanen und sakralen europäischen Musikerbes der Forschung erstmals zugänglich gemacht.
Bestandsbildung, Musikpraxis und Rolle der Akteure im Fokus
Waren es zuvor hauptsächlich MusikwissenschaftlerInnen, die sich den klösterlichen Musikarchiven widmeten, besteht der grundlegende innovative Ansatz des Projekts in der interdisziplinären Zusammenarbeit von MusikwissenschaftlerInnen, HistorikerInnen, SammlungswissenschaftlerInnen und IT-Spezialisten auf internationaler Ebene. Über die Erschließung der einzelnen Notenhandschrift hinaus geht es im Projekt „Kloster_Musik_Sammlungen“ sehr viel stärker als zuvor um Fragen der Bestandsbildung, der Rolle der einzelnen Akteure, wie zum Beispiel Äbte/Prälaten, Konventualen, Chorregenten, MusikerInnen, sowie der Erforschung der Musikpraxis in den Stiften insgesamt.
Verbindungen der Stifte
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Verbindungen der Stifte untereinander. So ließen sich bei aller Individualität bei der Entstehung, Zusammensetzung und Katalogisierung der einzelnen Sammlungen zahlreiche bislang unbekannte Vernetzungsstrukturen zwischen den niederösterreichischen Klöster einerseits und ein enger Austausch der Stifte mit dem vom Habsburgerhof geprägten Wiener Musikleben sowie anderen europäischen Musikzentren andererseits aufdecken.
Hinsichtlich der Zusammensetzung der Bestände wurden durch die gemeinsame Bearbeitung der Stifte zwei Charakteristika besonders deutlich. Der erste Aspekt ist der hohe Anteil an weltlichen Kompositionen, der in einem Kloster zunächst erstaunen mag, sich jedoch unter anderem durch eine rege tägliche Musizierpraxis, etwa als Tafelmusik oder privates Streichquartett, erklären lässt. Der zweite Aspekt ist der reiche Bestand an geistlichen und weltlichen Kompositionen regionaler „Klosterkomponisten“, die durch das Projekt teilweise erstmals erfasst wurden und in ihrer Breite ein eigenes Forschungsprojekt lohnen würden. Einem dieser Komponisten, dem Melker Benediktiner Marian Paradeiser und seinem Streichquartett „Divertimento in E-Dur“, wurde der erste Band der im Rahmen des Projekts initiierten Editionsreihe gewidmet, die zugleich als Hybridversion erscheint.
Ergebnisse in Online-Datenbank
Die Ergebnisse des Projekts werden in einer innovativen Webapplikation (Online-Datenbank), einem Sammelband, einzelnen Aufsätzen sowie zwei ausgewählten Editionen publiziert. Ziel ist es, die digitale Infrastruktur und die transdisziplinären Ansätze des FTI-Projekts „Kloster_Musik_Sammlungen“ zu nutzen, um weitere Bestandsgruppen und Musiksammlungen zu erforschen.
„Kloster_Musik_Sammlungen“
Förderungsgeber: FTI-Programm des Landes Niederösterreich
Projektlaufzeit: 2017 – 2019 (verlängert bis Februar 2020)
Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Anja Grebe, Department für Kunst- und Kulturwissenschaften, Donau-Universität Krems
Projektpartner:
Stift Göttweig
Stift Klosterneuburg
Stift Melk
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen
Masaryk-Universität Brünn, Institut für Musikwissenschaft
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