10.12.2024

Transdisziplinarität, die Verbindung der Expertise unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen mit der gesellschaftlichen Perspektive, ist ein wichtiger Zugang der Universität für Weiterbildung Krems in Forschung und Lehre. Im Research Summit am 12. November 2024, veranstaltet von der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung, vermittelten Workshops praxisnahe Beispiele für transdisziplinäre Wissensintegration. Eine Podiumsdiskussion verdichtete die daraus gewonnenen Erkenntnisse und stellte sie in einen größeren Kontext.

In inhaltlicher Weiterführung der 2nd Transdisciplinarity Conference, welche im Juni 2024 in Kooperation mit der Cappadocia University in Mustafapaşa (Türkei) stattgefunden hat, nahm die Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung im diesjährigen Research Summit „Metakompetenzen“ in den Fokus. Über transdisziplinäre Methodik und Theorie hinaus, sollen solche Metakompetenzen transdisziplinäre Prozesse der Wissensintegration ermöglichen – nicht nur zwischen Wissenschaft und Praxis, sondern auch zwischen Paradigmen, Kulturen, Traditionen und ihren jeweiligen Wissensformen. Diese Metakompetenzen umfassen unter anderem Fertigkeiten wie Improvisation, Kreativität, agiles und systemisches Denken. Diese Denkleistungen kennzeichnen nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Künste. In einer Podiumsdiskussion wurde dieses Naheverhältnis von Expert_innen der Universität für Weiterbildung Krems und Gästen aus Wissenschaft, Kunst und künstlerischer wie kreativer Praxis beleuchtet. Drei Workshops vertieften im Laufe des Tages bereits die Aspekte „Kreative Agilität“, „Improvisation“ und „Transdisziplinarität in der Weiterbildung“.

Forschung und gesellschaftliche Wirksamkeit

In ihren Begrüßungsworten unterstrich Univ.-Prof.in Dr.in Viktoria Weber, Vizerektorin für Forschung und nachhaltige Entwicklung der Universität für Weiterbildung Krems, die Bedeutung des Formats Research Summit, um Forschung sichtbar zu machen und in einen Dialog mit der Gesellschaft zu treten. Damit unterstützt diese Veranstaltungsreihe auch das Leitmotiv der gesellschaftlichen Wirksamkeit. Für Vizerektorin Weber ist die Transdisziplinarität ein Schlüssel, um die immer komplexer werdende Welt besser zu verstehen. Univ.-Prof.in Dr.in Barbara Brenner, Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung, stellte den Bezug zur vorangegangenen 2nd Transdisciplinarity Conference her und verwies auf die Tage der Biodiversität im Februar 2025 als Beispiel für angewandte Transdisziplinarität.

Kunst und Wissenschaft in Wechselwirkung

Die Podiumsdiskussion, moderiert von Mag. Ilja Steffelbauer, Department für Wissens- und Kommunikationsmanagement, vertiefte die Frage, was Wissensintegration ausmache. Dipl.-Ing.in Sophia-Marie Horvath, Institut für Waldökologie der Universität für Bodenkultur Wien, betonte in diesem Zusammenhang, dass eine Gleichberechtigung des Wissens ideal wäre, was sowohl Erkenntnisse unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen sowie Praxiswissen umfasse. Auch künstlerische Zugänge würden durch ihr prozesshaftes, ergebnisoffenes und experimentelles Arbeiten wertvollen Input bieten.

Für Birgitta Borghoff, MA/MAS vom Institut für Angewandte Medienwissenschaften, Department angewandte Linguistik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), spielen bei der Wissensintegration kreative Agilität und assoziatives Denken eine große Rolle. Sie plädierte dafür, einen Perspektivenwechsel wirklich zu wagen, um zu neuen Einsichten gelangen zu können. Um mit den „unknown unknowns“, den noch ungewissen Herausforderungen der Zukunft zurecht zu kommen, sei es wichtig, das Unbekannte gedanklich positiv zu besetzen. Sie erinnerte daran, dass neben der Induktion und Deduktion sich die Wissenschaft auch der Abduktion bedienen kann, wobei eine erklärende Hypothese gebildet und die Erkenntnis erweitert werde.

Die wechselhafte Geschichte des Verhältnisses von Wissenschaft und Kunst war Ausgangspunkt der Ausführungen von Wendy Coones, M.Ed., Department für Kunst- und Kulturwissenschaften. Sie erinnerte daran, dass diese Pole intellektueller Tätigkeit über die Jahrhunderte unterschiedlich stark getrennt gedacht wurden und etwa zur Zeit der italienischen Renaissance in der Person von Leonardo da Vinci zusammenfielen. Der Umgang mit Kunst zeichne sich durch seine Systemoffenheit aus, was sich im künstlerischen Denken widerspiegle. Die Geschichte zeige, dass die verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen gerade in Krisenzeiten großartige Werke hervorgebracht haben. Die Wissenschaft könne hier vom mutigen Zugang der Kunstschaffenden lernen.

Multiperspektivische Annäherung an Komplexität

Die Bedeutung der Transdisziplinarität für die Transformation der Hochschullehre war Gegenstand von Dr.in Elfriede Neuholds Überlegungen von der Plattform für Nachhaltige Entwicklung (SDGs). Die Hinwendung zu einem partizipativen Unterricht, der auf Kompetenzen statt bloßer Inhalte fokussiert, bediene sich der Transdisziplinarität als Methode der Zusammenarbeit. Auch die Kunst könne Lösungswege aufzeigen, die sich anderen Herangehensweisen entziehen.

Ausgangspunkt für die Arbeit an den Metakompetenzen war für Assoz. Prof. Mag. Dr. Lukas Zenk, MSc, Universitätsprofessor für Innovations- und Netzwerkforschung, die Frage, wie Studierende auf die zukünftigen Herausforderungen in Zeiten hoher Dynamik und wachsender Komplexität vorbereitet werden können. Es gehe hier gerade auch darum, Bereiche des Nicht-Wissens aktiv zu suchen. Eine Welt, die immer weniger vorhersehbar wird, erfordere ein multiperspektivisches Erkennen. Dies setze eine Lernbereitschaft aus, die das Lernen und die Anwendung neuen Wissens verbindet. Lernen werde hier zu einem iterativen Prozess, um Individuen wie Organisationen eine kontinuierliche Anpassung zu erlauben.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerald Steiner, Universitätsprofessor für Organisationskommunikation und Innovation und Dekan der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung an der Universität für Weiterbildung Krems, betonte, dass Transdisziplinarität ein zwingend erforderlicher Zugang, um die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft tatsächlich zu verstehen. Er schloss den Kreis zur Kunst mit dem Beispiel Buckminster Fuller, der als Architekt, Konstrukteur, Visionär, Designer, Philosoph und Schriftsteller verschiedenste Arten des Denkens verband. Es gibt, wenig überraschend, kein Patentrezept, um sich auf die unknown unknowns vorzubereiten. Monokausale Maßnahmen allein – etwa mehr Naturwissenschaften oder mehr Kunst – würden nicht ausreichen. Ein verstärkter Diskurs erscheine jedenfalls erforderlich.

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