Was haben Dramaturgie und Konserven mit E-Learning zu tun? Viel, weiß Hans-Peter Steinbacher, Absolvent des Masterstudiengangs eEducation an der Donau-Universität Krems. Er beschäftigt sich seit über 14 Jahren mit digitalen Lernkonzepten.
Von Christina Badelt
Wissensdurst und viele kleine Schritte brachten Hans-Peter Steinbacher über eine Lehre und zwei Meisterprüfungen in Elektronik und Elektrotechnik zur Matura, danach dreizehn Jahre in die Wirtschaft und schlussendlich als „Spätberufenen“ zum Wirtschaftsinformatikstudium nach Kufstein. „Ich wollte meine Erfahrungen aus der Praxis mit den theoretischen Modellen kombinieren und war von den Inhalten so begeistert, dass ich als Student bereits als Tutor und wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Studienbetrieb mit eingebunden war.“ Im letzten Studienjahr absolvierte er ein Praxissemester in einem kleinen Innsbrucker Start-up, welches sich mit Schulungen für Betriebsinformatik beschäftigte und unter anderem Schulungsbücher entwickelte. Dort veröffentlichte Hans-Peter Steinbacher sein erstes Handbuch für einen E-Learning-Kurs. Schon im Studiengang ERP-Systeme und Geschäftsprozessmanagement an der FH Kufstein Tirol habe er sich für verschiedene Lernformate, technische Abläufe und deren Verbesserungen interessiert. „Dies führte über die Prozessleittechnik zur Wirtschaftsinformatik und letztendlich zum E-Learning“, schildert der Experte.
Im Alter von 38 Jahren war Hans-Peter Steinbacher erneut auf der Suche nach einem Studium, welches ihn auf didaktischer Ebene weiter festigt und gleichzeitig das Konzept von Blended-Learning (Online und Präsenzlehre) zur Verfügung stellt. Er fand, was er suchte, in Krems an der Donau: „Nachdem ich eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung mit stark technischer Orientierung hatte, hat mir der Masterstudiengang eEducation meinen aktuellen Job als Leiter des E-Learning-Centers eigentlich erst ermöglicht. Dort habe ich die zugehörigen theoretischen Bausteine und pädagogischen Inhalte kennengelernt.“ Da E-Learning nicht mit gängigem Unterricht vergleichbar ist, braucht es eigene technische Tools und didaktische Designs, erklärt Steinbacher: „Die Dramaturgie ist eine ganz andere, das muss man bereits bei der Konzeption und Umsetzung der Lehrinhalte bedenken. Du kannst etwa Unklarheiten nicht in gleicher Weise korrigieren wie im Präsenzunterricht. Aber es gibt zahlreiche Vorteile, es ist orts- und oft zeitunabhängig und in den Präsenzphasen kann man offene Fragen besprechen – so wird man vom Vortragenden zum Coach.“ Wenn man so wolle, sei es ein ideales Lernformat, um das Beste aus beiden Möglichkeiten herauszuholen: Die theoretischen Inhalte, die Studierende sowieso für sich lernen müssen, werden ausgelagert und der gemeinsame Unterricht wird auf die praktischen Anwendungen, Fragen und Diskussionen fokussiert. Die Kunst dabei sei der richtige Detailierungsgrad, so Steinbacher, also beispielsweise kurze Videos oder angemessen lange und doch inhaltsreiche Texte und Inhalte.
Einen Trend zur digitalen Weiterbildung ortet der Experte auch in der Wirtschaft: „Viele Unternehmen adaptieren etwa ihre Schulungen und fangen an sich damit auseinanderzusetzen, wie Sicherheits- und Kundenkontakttrainings über Online-Plattformen möglichst effizient und praxisnahe umgesetzt werden können. Auch hier gibt es den Vorteil, dass das Wissen quasi als Lernkonserve immer wieder konsumiert und angeschaut werden kann.“
An Trends wachsen
Als Leiter des E-Learning-Centers der FH Kufstein Tirol ist Hans-Peter Steinbacher mit seinen sechs Mitarbeitern für die gesamten E-Learning-Agenden des Hauses zuständig. „Das betrifft die technischen E-Learning-Hilfsmittel, die Aus- und Weiterbildung der Lektorenschaft sowie die Entwicklung E-Learning-gestützter Lehr- und Lernangebote.“ Auch Forschungstätigkeiten im Bereich der digitalen Lehr- und Lernmethoden liegen in seinem Aufgabenbereich, beispielsweise Learning Analytics oder agile Lehr- und Lernmethoden, schildert der Forscher, für den die Umsetzung neuer Ideen und Trends zum Alltag gehört, um persönlich und beruflich daran zu wachsen. Unterstützt wird dies auch durch die Vernetzung der österreichischen Hochschulen über den Verein „Forum Neue Medien in der Lehre“, wo Hans-Peter Steinbacher im Präsidium das Amt des Präsidenten für Fachhochschulen und pädagogische Hochschulen innehat. „Durch diesen österreichweiten Austausch untereinander habe ich eine sehr gute Übersicht über die österreichische Bildungslandschaft in Bezug auf digitale Lehre“, ergänzt Hans-Peter Steinbacher.
Digitales Detox
Eine Runde mit dem Motorrad oder ein Ausflug in die nahegelegene Natur mit seiner Familie: Digitales Detox nennt Hans-Peter Steinbacher sein Rezept für eine ausgewogene Work-Life-Balance: „Ich habe gelernt, wie gut es tut, abzuschalten und nicht 24/7 online und erreichbar zu sein. Mit zwei kleinen Kindern versuche ich, so viel Zeit wie möglich auch ganz bewusst mit der Familie zu verbringen.“ Für die Zukunft wünscht er sich viele weitere spannende Projekte. „Die vergangenen Monate haben uns wieder deutlich gezeigt, dass wir digitale Online-Bildung sehr ernst nehmen müssen. Es geht hier nicht mehr um eine Randerscheinung, sondern um eine neue Generation des Lernens. Ich freue mich, hier etwas beitragen zu können.“
Asc. Prof. (FH) Mag. (FH) Hans-Peter Steinbacher, MA war 13 Jahre in der Automatisierungstechnik im Projektmanagement tätig, startete 2002 das Wirtschaftsinformatik-Studium an der FH Kufstein Tirol und wirkte dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Forschungskooperationen mit. Seit 2010 ist er als Associate Professor und bis 2017 als Studiengangsleiter-Stellvertreter im Studiengang ERP-Systeme tätig und leitet seitdem das E-Learning-Zentrum. Von 2013 bis 2016 studierte Steinbacher im Masterstudiengang eEducation an der Donau-Universität Krems und ist bis heute an diversen Hochschulen als Lektor tätig.
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