Beschreibung

Altkirchenslawische Handschriften werden mit interdisziplinären Methoden, wozu auch restauratorische zählen, erforscht, zugeordnet und ediert. Die Arbeit der DUK wird sich auf spezielle Materialuntersuchungen, Buchbindetechnikuntersuchungen und Kontextualisierung fokussieren. Die Frage nach der Herkunft gehört zu den Grundfragen, die sich an jedes wertvolle Kulturerbe stellt. Im Falle der noch im glagolitischen Alphabet des Slawenlehrers Konstantin-Kyrill (9. Jahrhundert) verfassten ältesten slawischen Handschriften aus dem 10.-11. Jahrhundert kannten wir bis vor kurzem zwar meist den Ort ihrer Entdeckung, nicht aber den ihrer Entstehung. Erst in den letzten Jahren haben zwei Vorprojekte gezeigt, dass der größte Fundort dieser oft nur fragmentarisch erhaltenen Bücher auch ihr wichtigster Entstehungsort war – das Katharinenkloster am Sinai. Offensichtlich diente der abgelegene Hort des ursprünglichen Mönchstums den Verfassern dieser Schriften nicht nur als Pilgerziel, sondern auch als Rückzugsort zu Zeiten, in denen die (kirchen)politische Lage ihrer von Böhmen bis Bulgarien reichenden Heimatländer die freie Ausübung der angestammten Kirchen- und Schrifttradition verwehrte. Nun existiert daneben noch eine kleinere Gruppe glagolitischer Handschriften – so vor allem die nach Stil und Ausstattung in Verbindung mit dem Umfang und Erhaltungszustand herausragenden Kodizes Zographensis, Marianus und Assemanianus –, die verstreut an verschiedenen Orten des Balkans entdeckt wurden und deren Entstehung nach wie vor offen ist. Dasselbe gilt für die meist in Sinai-Fragmenten vorhandenen Reste getilgter Vorbeschriftungen (Palimpsesttexte). Im Zentrum des vorgeschlagenen Projekts soll daher stehen, die Genese und das weitere Schicksal all‘ dieser Zeugnisse zu ermitteln. Zugleich gilt es aber auch, alle jene Palimpsest- und übrigen latenten Texte weiter zu entziffern und zu veröffentlichen, die sich bisher einer vollständigen Lesung entzogen haben. Und schließlich müssen die Ergebnisse der genannten Untersuchungen in den Kontext der Zeit gestellt werden, um unser Bild von der Kulturgeschichte der einschlägigen Regionen zu vervollständigen. Um die skizzierten Ziele zu erreichen, sollen in inter- und multidisziplinärer Zusammenarbeit von Geistes- (Slawisten) und Naturwissenschaftlern (Computerspezialisten, Chemikern, Physikern, Mikrobiologen) sowie Konservatoren zum ersten Mal die philologisch-historischen Methoden der Handschriftenkunde, Sprachanalyse und Literaturkritik mit sämtlichen gegenwärtig einschlägigen Techniken wie der Multispektralphotographie und Bildbearbeitung, Materialuntersuchung über Spektroskopie (mit Weichstrahlenröntgen, Raman u.a.) und DNA sowie den aktuellsten Mitteln der Konservierungsanalyse und -technik angewandt werden. Aus dem Zusammenspiel dieser verschiedenen Untersuchungsarten darf man sich wichtige neue Erkenntnisse und Entwicklungen nicht nur für die betreffenden Gebiete, sondern auch für weitere Disziplinen wie die slawische Geschichte und Kirchengeschichte, die Griechisch-Byzantinische Philologie oder die Theologie erwarten, die der zukünftigen Erforschung jeglichen historischen Schriftguts zugute kommen werden.

Details

Projektzeitraum 01.01.2017 - 31.12.2019
Fördergeber FWF
Förderprogramm FWF
Department

Department für Bauen und Umwelt

Zentrum für Kulturgüterschutz

Projekt­verantwortung (Universität für Weiterbildung Krems) habil. Mag. Dr. Patricia Engel

Team

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