08.10.2020

Für seine juristische Monografie „UN Security Council and  the International Criminal Court: The Referral Mechanism in Theory and Practice“ erhielt Ass. Prof. Gabriel M. Lentner einen Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich. Bei der niederösterreichischen Wissenschaftsgala in Grafenegg fand – erstmals als Online-Veranstaltung – die Preisverleihung durch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am 30. September 2020 statt.

Im Zuge seiner Forschungsleistungen auf dem Gebiet des Völkerrechts, etwa zu Fragen internationaler Streitbeilegung und der internationalen Strafgerichtsbarkeit, schloss Ass. Prof. Dr. Gabriel M. Lentner, Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Donau-Universität Krems, mit seiner Monografie eine Lücke.


Forschung an internationaler Strafgerichtsbarkeit

Lentners Buch „UN Security Council and the International Criminal Court: The Referral Mechanism in Theory and Practice“ ist die erste umfassende und detaillierte Analyse des völkerrechtlich vorgesehenen Überweisungsmechanismus, der den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ermächtigt aufgrund eines Beschlusses des UN-Sicherheitsrates auch in Staaten Strafgerichtsbarkeit auszuüben, die dem Gerichtshof nicht beigetreten sind. Die sich daraus ergebenden Rechtsfragen werden aus der Perspektive des Rechts internationaler Organisationen beantwortet. Lentner entwirft eine Theorie der Übertragung von Befugnissen, die sich aus dem entsprechenden Überweisungsbeschluss des UN-Sicherheitsrats ergeben. Ein Fokus liegt dabei auf den rechtlichen Konsequenzen, was beispielsweise darin vorgesehene Ausnahmen von der Gerichtsbarkeit, beispielsweise aufgrund der Staatsangehörigkeit, betrifft. Auch die rechtliche Auswirkung dieser Überweisung auf ansonsten bestehende Immunitäten, die Staatsoberhäuptern und Regierungschefs unter Umständen zukommt, wird untersucht.     

„Wichtigstes Ergebnis meiner Arbeit war nachzuweisen, dass die Rechtsnatur dieses Mechanismus als Übertragung von Befugnissen vom UN-Sicherheitsrat auf den IStGH zu qualifizieren ist. Denn damit lassen sich viele wichtige Rechtsfragen erst dogmatisch überzeugend lösen“, so Lentner. Aus dieser rechtlichen Qualifizierung ergibt sich beispielsweise, dass der Sicherheitsrat etwa an das Legalitätsprinzip gebunden ist. Die Untersuchung belegt auch, dass es sich bei der Überweisung um quasi-legislative Maßnahmen im Bereich des Völkerstrafrechts handelt und damit um eine Kompetenz, die dem UN-Sicherheitsrat nur eingeschränkt zusteht. Eine andere wichtige Erkenntnis aus Lentners Studie ist, dass der IStGH faktisch an die Ausnahmen, die zum Schutz der Interessen der USA im Überweisungsbeschluss eingefügt wurden, gebunden ist, da der IStGH in Nichtvertragsstaaten nur eine aus der Ermächtigung des Sicherheitsrates abgeleitete Zuständigkeit begründen kann.

Mag. Jochen Danninger, Ass. Prof. Dr. Gabriel M. Lentner, Mag. Johanna Mikl-Leitner
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NLK Pfeiffer

(v.l.n.r.:) Mag. Jochen Danninger, Landesrat; Ass. Prof. Dr. Gabriel M. Lentner, Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Donau-Universität Krems; Mag. Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau von Niederösterreich

Werdegang

Seit dem Jahr 2018 ist Lentner Assistenzprofessor für Internationales Recht und Schiedsgerichtsbarkeit am Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Donau-Universität Krems und seit 2014 Fellow an der Stanford Law School. Von September 2019 bis Juni 2020 war er mit Hilfe eines Sonderstipendiums „Exzellenz für Forschungsaufenthalte im Ausland“ des Landes Niederösterreich als Visiting Scholar an der Harvard Law School tätig. 2017 dissertierte er an der Universität Wien in Rechtswissenschaften mit seiner Arbeit „The Legal Nature of UN Security Council Referrals to the International Criminal Court“. Für diese Forschungsarbeit war Lentner unter anderem auch ein Semester am Lauterpacht Centre for International Law an der Universität Cambridge als Visiting Scholar tätig. Er erwarb einschlägige Diplome und Zertifikate der Harvard Law School & European University Institute in Florenz (Law & Logic), der Universität Wien (Concentration in the Law of International Relations, European Studies) und der Central European University in Budapest (Environmental Law, Democracy and Human Rights). Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit ist Lentner Teil des Academic Advisory Boards des Cambridge International Law Journal und Reviewer unter anderem für das Journal of International Criminal Justice (Genf), das Journal of Intellectual Property Law & Practice (Oxford, Großbritannien) und des Vindobona Journal of International Commercial Law and Arbitration (Melbourne).


Ass. Prof. Dr. Gabriel M. Lentner, Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Donau-Universität Krems
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Klaus Ranger

Über die Wissenschaftspreise des Landes Niederösterreich

Seit 1964 vergibt das Land Niederösterreich jährlich seine Wissenschaftspreise für besondere Leistungen an Forscherinnen und Forscher unterschiedlicher Disziplinen. Für die Würdigungs- und Anerkennungspreise können wissenschaftliche Arbeiten aller Art, die von NiederösterreicherInnen geleistet worden sind oder in Niederösterreich entstanden sind, eingereicht werden. Im feierlichen Rahmen der Wissenschaftsgala werden die Auszeichnungen alljährlich verliehen.

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