Das Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen und das Europäische Dokumentationszentrum (EDZ) Krems haben auch heuer mit einer „Let’s talk Europe“-Veranstaltung das neue Studienjahr 2024/25 eingeläutet. Am Programm dieser hybriden Veranstaltung am 11. Oktober 2024 standen die Podiumsdiskussion "KI und Digitalisierung am Arbeitsplatz" sowie die feierliche Verleihung der Dr. Alois Mock-Wissenschafts- und Förderpreise 2023.
Ass.-Prof. Dr. Gabriel M. Lentner, stv. Departmentleiter und wissenschaftlicher Leiter des EDZ Krems, und MMag.a Susanne Fraczek, operative Leiterin des EDZ Krems, begrüßten die Teilnehmer_innen im Audimax sowie im Live-Stream und stellten das EDZ als Informationsschnittstelle zwischen der Universität und den Institutionen der Europäischen Union vor. Als universitäre Anlaufstelle für Informationen zu EU-Integration, -Recht und -Politik und einschlägige EU-Dokumente richtet es sich primär an die Mitarbeiter_innen und Studierenden der am Campus Krems angesiedelten Bildungseinrichtungen, ist aber auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Detaillierte Hinweise zum Serviceangebot des EDZ Krems, insb. bei der Recherche zu EU-rechtlichen und EU-politischen Fragestellungen in Studium, Forschung und Lehre, können der EDZ-Broschüre entnommen werden.
Podiumsdiskussion „KI und Digitalisierung am Arbeitsplatz: Neue EU-Regelungen und ihre Auswirkungen auf die Praxis“
Die „Let’s talk Europe“-Veranstaltungsreihe des EDZ Krems verfolgt das Ziel, den öffentlichen Dialog zu aktuellen EU-Themen zu befördern, und so standen diesmal neue EU-Rechtsquellen zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz und deren Auswirkungen auf unsere digitalisierte Arbeitswelt im Zentrum der hybriden, multidisziplinär besetzten Podiumsdiskussion. Susanne Fraczek sprach mit einer hochkarätigen Expert_innenrunde aus Arbeits- und Managementwissenschaft, Rechtswissenschaften und Bildungswissenschaft über die Implikationen von Digitalisierung und insb. der neuen EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz (KI) sowie der kommenden EU-Richtlinie zur Plattformarbeit für das Arbeitsleben und -recht.
Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Sabine Theresia Köszegi, Professorin für Arbeitswissenschaft und Organisation & Vorständin des Instituts für Managementwissenschaften an der Technischen Universität Wien, gab einen Einblick in verschiedene bestehende und absehbare Anwendungsbereiche von KI am Arbeitsplatz sowie in ihre Erfahrungen als Mitglied der High-Level Expert Group on Artificial Intelligence der Europäischen Kommission. Dieses Expert_innengremium erarbeitete 2018-2020 die Grundlagen für die EU-Verordnung zu Künstlicher Intelligenz, die nach dreijährigem Gesetzgebungsverfahren im Mai 2024 angenommen wurde. Als weltweit erste spezifische Rechtsvorschrift zu KI ist die Verordnung am 1. August 2024 in Kraft getreten und kommt stufenweise bis 2026 in Anwendung. Prof.in Köszegi erläuterte die Entscheidung, nicht die Technologie an sich, sondern deren Anwendung zu regulieren und erklärte den entwickelten risikobasierten Ansatz, der auch Eingang in die KI-Verordnung gefunden hat. Neben wegen unannehmbaren Risikos verbotenen KI-Systemen (zB social scoring) hob sie dabei auch die erforderliche Grundrechte-Folgenabschätzung hervor, die für Anwendungen mit hohem Risiko vorzunehmen ist (zB KI-gestützte Bewerbungssysteme).
Dr. Andreas Tinhofer, LL.M., Rechtsanwalt, Autor und Lektor mit Spezialisierung auf Arbeitsrecht und Künstliche Intelligenz, führte aus, in welchen arbeitsrechtlich relevanten Bereichen es bereits KI-Anwendungsfälle gibt und wie diese zu beurteilen sind. Er verwies darauf, die Verordnung bis zu ihrer vollumfänglichen Wirksamkeit im August 2026 noch durch Leitlinien, Praxis-Verhaltenskodizes und Standardisierungen konkretisiert werden muss, deren Ausarbeitung gerade erst begonnen hat, und es heute nicht absehbar ist, was die Technologie in 2 Jahren zu leisten vermag. Angesichts der schnell steigenden Anzahl von Personen in der EU, die über digitale Plattformen arbeiten, skizzierte Dr. Tinhofer auch die Bedeutung der vor der Annahme durch den Rat stehenden Richtlinie über Plattformarbeit. Diese Richtlinie würde zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen, indem den Plattformarbeiter_innen gewisse Rechte iZm algorithmischen Management (zB Überprüfung von Entscheidungen) eingeräumt würden.
Von Seiten der Universität für Weiterbildung Krems trug Isabell Grundschober, BEd BSc MA, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Lernsystemgestaltung und -transformation des Departments für Weiterbildungsforschung und Bildungstechnologien ihre Expertise als Bildungswissenschafterin zur Diskussion bei. Sie widmete sich insb. der Frage, wie die geforderte „AI literacy“ von Arbeitnehmer_innen wie Arbeitgeber_innen sichergestellt werden kann und betonte das Erfordernis eines kollektiven Kompetenzerwerbs. Sie erläuterte die Phänomene des „trust gap“ in die neue Technologie einerseits und der Schattennutzung durch Arbeitnehmer_innen andererseits, die beide Dynamiken und Lernprozesse am Arbeitsplatz beeinflussen. Isabell Grundschober unterstrich die Herausforderungen, die sich Arbeitgeber_innen angesichts des technologischen Wandels für berufliche Bildung und Personalentwicklung stellen, und betonte auch den Stellenwert von Zeit und Pausen für das Gelingen von „learning-on-the-job“.
Wissenschaftliche Arbeiten zum EU-Recht ausgezeichnet
Den zweiten Teil der Veranstaltung bildete die feierliche Verleihung der Dr. Alois Mock-Wissenschafts- und Förderpreise 2023 für im Vorjahr fertiggestellte wissenschaftliche Arbeiten, die in besonderer Weise zur Förderung der europäischen Integration beitragen. Die Preise werden seit 2021 von der Universität Krems in Kooperation mit der Dr. Alois Mock-Europastiftung vergeben, die ihrerseits seit mehr als 20 Jahren einschlägige wissenschaftliche, kulturelle, gesellschaftspolitische und humanitäre Tätigkeiten und Werke unterstützt.
Als Jury-Vorsitzender und Laudator verlieh Univ. Prof. DDr. Thomas Ratka, LL.M., Leiter des Departments für Rechtwissenschaften und Internationale Beziehungen, den Dr. Alois Mock-Wissenschaftspreis 2023 an Mag. Fridolin Fahringer, LL.M., Absolvent des Master-Lehrgangs Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Wien für seine Masterarbeit „The License to Kill Uniformity? The Evolution of the Acte Clair Doctrine from ‘CILFIT’ to ‘CIM II’”. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Auslegung von EU-Recht durch nationale Gerichte und der Frage der Vorlegungspflicht an den Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren. In seiner Laudatio betonte Prof. Ratka die hervorragende wissenschaftliche Qualität der Arbeit und ihre Relevanz für eine einheitliche Anwendung von EU-Recht in den Mitgliedsstaaten und für die Einhaltung von Verfahrensrechten der Prozessparteien.
Der Dr. Alois Mock-Förderpreis 2023 ging an Herrn Ariel Katsev, LL.B LL.M, ebenfalls Absolvent des Lehrgangs Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht am Post-Graduate Center der Universität Wien. Seine Masterarbeit mit dem Titel „A Comparative Analysis of Ukrainian and European approaches to unfair commercial practices: legal base and case studies” vergleicht die Rechtslage zur Regulierung von unfairem Wettbewerb in der EU und der Ukraine und leistet damit einen wichtigen, prämierungswürdigen Beitrag in Hinblick auf eine künftige EU-Integration der Ukraine.
Herzliche Gratulation an die Preisträger! Many congratulations to the awardees!
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