Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern ist anspruchsvoll, geistig und mitunter auch körperlich herausfordernd und braucht viel Geduld. Martina Haselberger hat sich dem Fachbereich Steinrestaurierung verschrieben.

Von Ilse Königstetter

 

Kunst­ und Kulturgeschichte haben Martina Haselberger schon immer sehr interessiert – genauso wie die Naturwissenschaften. Darüber hinaus arbeitet die Wahlwienerin gerne sowohl praktisch als auch theoretisch. Leidenschaften, die in einem einzigen Arbeitsfeld gar nicht so leicht zu vereinbaren sind. Im Rahmen ihres Studiums am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien fand sie im Fachbereich Stein die optimalen Bedingungen für alle ihre Interessenschwerpunkte. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass die junge Wissenschaftlerin nach ihrem Studienabschluss eine halbe Assistentinnenstelle angeboten bekam. Diese erlaubte ihr, zusätzlich selbstständig in der Restaurierung zu arbeiten. Schon bald eröffnete sich die Gelegenheit zur Teilnahme an einem Forschungsprojekt, das schließlich 2014 zu einer vollberuflichen Assistentinnenstelle am Institut für Konservierung und Restaurierung führte. Der Job eröffnete Martina Haselberger neue Aufgabenstellungen: „Im Zuge von Forschungsarbeiten in den ostasiatischen Kabinetten im Schloss Schönbrunn kam ich auch mit anderen Materialien in Berührung, wie etwa mit Porzellanen und Keramiken.“ Darüber hinaus unterstützt sie seit 2015 die Institutsleitung bei der Koordination von Restaurierprojekten am Patan Durbar Square in Nepal. Die UNESCO-­Welterbestätte umfasst eine weiträumige Palastanlage sowie mehrere Tempelgebäude. Gemeinsam mit einer örtlichen NGO werden Monumente und Brunnenanlagen sowie Objekte und Skulpturen aus Stein, Holz und Metall, um nur einige zu nennen, restauriert. „Mit Nepal gibt es eine langjährige Verbindung in der Entwicklungsarbeit“, erzählt die Wissenschaftlerin, „und vor der Pandemie war ich zweimal jährlich dort, um zu koordinieren und auch selbst zu restaurieren.“ Im letzten Jahr wurde vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) auch noch ein mehrjähriges Forschungsprojekt bewilligt, in dem sich Martina Haselberger unter Leitung von Professorin Gabriela Krist tiefergehend mit den Baumaterialien, Schadensmechanismen und Erhaltungsstrategien auseinandersetzen wird. Mit Ausbruch der Corona­-Pandemie war damit erst einmal Schluss. Ins Wasser fielen auch andere laufende internationale Projekte in der Mongolei und in Indien. „Wie in vielen anderen Bereichen mussten auch wir uns mit digitalem Austausch in Online-­Konferenzen behelfen, um den Kontakt überhaupt aufrechterhalten zu können“, so Haselberger.

Gleichermaßen herausfordernd gestaltete sich auch der Studienbetrieb. In Fächern, die sehr viel von praktischem Werkstätten-­Unterricht leben, ist das besonders schwierig. „Deshalb haben wir so schnell es uns möglich war – selbstverständlich mit allen Vorsichtsmaßnahmen – den praktischen Unterricht wieder aufgenommen“, sagt die Universitätsassistentin. Auch Nepal konnte nach etwas mehr als einem Jahr Ende März 2022 wieder besucht werden. Das Forschungsprojekt läuft ja weiter und Martina Haselberger plant, ihre Dissertation über dieses Projekt zu verfassen.

Kulturgüter besser schützen

Da sie schon länger ein postgraduales Studium ins Auge gefasst hatte, brauchte es nur eine kleine Anregung durch einen Honorarprofessor der Angewandten, um Martina Haselberger für den Lehrgang Kulturgüterschutz an der Universität für Weiterbildung Krems zu begeistern. „Man kann Naturkatastrophen, die Kulturgüter bedrohen und zerstören können, vielleicht nicht gänzlich verhindern, aber es gibt Möglichkeiten, die Risiken zu erkennen und dementsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen“, ist Martina Haselberger überzeugt, dass das Bewusstsein für Notfallplanung im Umfeld gestärkt werden muss. Und weiter: „Es gibt Methoden und standardisierte Verfahren, Gefahrensituationen zu erkennen und zu analysieren.“ Einige davon wurden in dem Lehrgang in Theorie und Praxis am Beispiel eines Ernstfalls erprobt: Einerseits im Oberösterreichischen Landesmuseum, andererseits in Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei in einem kleinen Vorarlberger Heimatmuseum. „Das in der Praxis durchzuspielen und zu üben, war eine einschneidende Erfahrung“, berichtet Haselberger. „Man lernt sich selbst besser kennen, lernt einzuschätzen, ob man sich eher aktiv oder passiv verhält, wie alle Einsatzkräfte im Extremfall zusammenspielen und wer welche Prioritäten setzt.“ 2020 schloss Martina Haselberger mit der Masterarbeit „Erstversorgung von Kunst und Kulturgut nach Katastrophen in Verbindung mit Wassereintrag“ ihr postgraduales Studium ab. Darin beschäftigte sie sich abermals mit Themen, die ihr sehr am Herzen liegen. Es gibt nämlich kaum Empfehlungen dazu, wie man sich verhält, wenn umfangreiche und heterogene Sammlungsbestände gleichzeitig durchfeuchtet oder durchnässt sind, wie eben die Erstversorgung vieler Objekte im Optimalfall aussehen könnte. Kein Wunder, dass sie Notfallplanung nun auch verstärkt in ihre Lehrtätigkeit einbringt. Dass sie der Erhaltung von Kulturgütern auch weiterhin treu bleiben wird, davon ist Martina Haselberger überzeugt. Ebenso, dass Aus-­ und Weiterbildung in diesem Bereich immer wichtige Themen sein werden.

Ihren Ausgleich sucht Martina Haselberger im Sport, darüber hinaus ist sie eine leidenschaftliche Köchin. „Kochen und Restaurieren hängen für mich irgendwie zusammen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Rezepte zu entwickeln und anzuwenden, Teige anzurühren und Gerichte ästhetisch anzurichten hat für sie einiges mit Arbeitsschritten in der Konservierung und Restaurierung gemein.


MARTINA HASELBERGER
Mag.a Art. Martina Haselberger, MSc., geboren in Wien, auf gewachsen in Oberösterreich mit zwei Geschwistern, seit 2008 wieder in Wien, seit 2014 Universitätsassistentin am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien. Haselberger unterstützt die Koordination von Restaurierprojekten an der UNESCO-Welterbestätte Patan Durbar Square in Nepal.

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