Margaux Mathieu-Resuge kam für den  Postdoc von der Bretagne an den WasserCluster Lunz. Dort untersucht sie den Transfer von essenziellen Fettsäuren aus dem Wasser in terrestrische Ökosysteme.

Von Astrid Kuffner

Die Faszination für Natur wurde bei Margaux Mathieu- Resuge schon als Kind angelegt. In der Nähe der Côte d’Azur aufgewachsen, führten Familienurlaube oft in Nationalparks. Nach Jahren der Forschung am Leben im Meer führte sie ihre erste Postdoc-Stelle 2019 nach Lunz am See. Die LIPTOX- Forschungsgruppe am WasserCluster Lunz nimmt die Beziehung Wasser-Fische-Menschen in den Fokus. Gruppenleiter Martin Kainz war Begutachter ihrer PhD-Arbeit und sie bewarb sich auf eine Stelle: „Es war für mich interessant, von den marinen zu den Süßwasser-Ökosystemen zu wechseln. Die Methoden sind vergleichbar, aber man hat viel mehr Möglichkeiten. Ein See ist viel zugänglicher als das offene Meer.“ Auch der WasserCluster Lunz war für sie zugänglich. Ihr gefällt die internationale, aber überschaubare Atmosphäre. So konnte sie immer nachfragen oder sich auf Süßwasser-Spezifika einschulen lassen.

Mathieu-Resuge studierte in Frankreich zunächst Biologie und Umwelt als „technical degree“, mit dem man in den Beruf einsteigen kann. Nach den ersten Kursen fühlte sie sich an der Universität aber gut aufgehoben und legte sich auf aquatische Biologie fest. Stand zunächst noch der Naturschutz als Ziel im Vordergrund, war sie nach den ersten Laborstunden sicher, dass sie forschen möchte. Sie vertiefte sich in Meeresbiologie mit Fokus auf trophische Ökosysteme (vulgo Nahrungsnetze). Im FWF-geförderten Projekt AquaTerr, das in Deutschland und Österreich durchgeführt wird, verbindet sie nun terrestrische und aquatische Ökosysteme – erstmals vom Wasser aus gedacht. Weil Selbermachen auch zu ihren Talenten zählt, konstruierte, baute und nähte sie die 25 (schwimmenden) Pyramidenfallen und zehn Landfallen für das Projekt AquaTerr selbst.

Am Forschungsprojekt der 26-jährigen Französin zeigt sich gut, dass alles mit allem zusammenhängt: „Ich untersuche den Transfer von mehrfach ungesättigten Fettsäuren vom Wasser an Land über Insekten, deren Larven im Wasser leben. Die Larven fressen u. a. Phytoplankton und Biofilme. Plankton erzeugt essenzielle Fettsäuren, die zahlreiche Organismen nicht selbst synthetisieren können, aber zum Überleben brauchen.“ Auch der Mensch braucht essenzielle Fettsäuren, etwa für Gehirn und Augen, und bezieht diese aus seiner Ernährung. Wissen will die Nachwuchsforscherin, aus welchen Quellen die Fettsäuren stammen, wer sie mit an Land nimmt und wer sie als Nächstes frisst.

Margaux Mathieu-Resuge

„Denn wie will man die Natur schützen, wenn man sie nicht versteht?“

Margaux Mathieu-Resuge

Forschung an gefriergetrockneten Insekten

Von Ende Mai bis Anfang Oktober 2019 war Margaux mit mehreren Studierenden aus Frankreich und den Niederlanden zwei Mal in der Woche an drei Seen und einem Bach, um ihre Pyramidenfallen aufzustellen bzw. abzusammeln. Zu den Insekten mit Kindheit im Wasser gehören etwa Libellen, Eintagsfliegen, Zuckmücken und Steinfliegen, wobei, wie sie bemerkt, es um Lunz herum zum Glück kaum Gelsen gebe. Auch in definierten Abständen vom Ufer wurde gesammelt. Die abgesaugten Insekten und Spinnen müssen rasch gefriergetrocknet werden, weil die Fettsäuren sich rapide abbauen. Nächster Schritt war das Zählen und Zuordnen der Organismen zu 16 Familien/Ordnungen – mit der Pinzette und für jeden Probepunkt. „Ich habe mich rasch auf die vorkommenden Familien eingeschaut“, sagt sie leichthin, aber der Aufwand ist dennoch groß. Die Trophiespezialistin hofft, ihren Studierenden die Begeisterung für Forschung weitergegeben zu haben, wie sie es selbst bei ihren Internships erlebt hat. Wieder auf sich allein gestellt, extrahiert Margaux im Labor aus dem sortierten  Insektenmaterial die Komposition der Fettsäuren (Überbegriff Omega-3 und -6). Mittels komponenten-spezifischer Isotopenanalyse konnte sie zudem für jedes untersuchte Gewässer eine unverwechselbare Signatur bestimmen, sodass die Herkunft der Fettsäuren messbar wird. Das erleichtert es ihr, die im Magen der Spinnen gefundene Beute anteilsmäßig zuzuordnen. Sie plant, die Arbeit im Frühling zu publizieren und im Sommer 2020 den nächsten Forschungsansatz anzugehen: in Karpfenteichen des Waldviertels.

Im Feld und am Computer

In ihrem Beruf kann sie Natur und Forschung, das Beste aus beiden Welten verbinden und dabei abwechslungsreiche Phasen durchschreiten: Sie geht raus ins Feld, nimmt Proben und nach der Datenerhebung folgen die Analyse im Labor, die Auswertung am Computer sowie die wissenschaftlich kritische Interpretation der Daten und schließlich die Publikationen. Auch dem Naturschutz, der sie zunächst im Studium interessierte, liefert sie die Basis. „Denn wie will man die Natur schützen, wenn man sie nicht versteht?“ Die von ihr nachverfolgten, essenziellen Fettsäuren spielen im gesamten Nahrungsnetz eine Rolle – vom vermeintlichen Schleim bis zum Menschen: „Wenn die Basis gestört wird, stört man das ganze Ökosystem.“ Sie selbst ist gerne mit dem Rad rund um Lunz unterwegs, wo es sehr viele verschiedene Routen gibt. Auch das Klettern und Skifahren im Mostviertel genießt sie. Ihr Stand-up-Paddel brachte sie vom Meer mit. Heute leistet es auch bei der Probennahme gute Dienste.


Margaux Mathieu-Resuge PhD studierte in Frankreich Biologie und Umwelt. Am Laboratoire des Sciences de l’Environnement Marin – LEMAR  der Université de Bretagne Occidentale in Brest erarbeitete sie zwischen 2015 und 2018 ihr Doktorat. Danach ging sie als postdoctoral student an den WasserCluster Lunz, wo sie in der Forschungsgruppe LIPTOX der Donau-Universität Krems u. a. am FWF-geförderten Forschungsprojekt AquaTerr forscht.

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