In einem EU-Forschungsprojekt beteiligt sich die Donau-Universität Krems an der Digitalisierung bestehender Dienstleistungen und Prozesse. Dabei werden auch die Nutzerinnen und Nutzer mit eingebunden.

Von Markus Mittermüller

Die Pandemie hat sich auf vielen Ebenen zu einem Turbo für die Digitalisierung entwickelt. So hat der Mai mit 110.000 neuen Userinnen und Usern einen Rekordwert bei den Neuanmeldungen für die Handy-Signatur erreicht. Die Gesamtzahl der Personen, die den digitalen Ausweis nutzen, liegt damit bei über 1,9 Millionen. Auf europäischer Ebene wird derzeit an der Umsetzung einer europäische digitalen Identität (EUid) gearbeitet. Mit einem Klick auf ihrem Handy sollen die EU-BürgerInnen künftig ihre Identität nachweisen, Dokumente in elektronischer Form weitergeben und europaweit Online-Dienste nutzen können.

Trotz der Erleichterungen, welche die Digitalisierung für die AnbieterInnen wie auch NutzerInnen bringt, steht der öffentliche Sektor unter Druck. Er ist gefordert, mit immer weniger Ressourcen qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen erbringen zu müssen.

In einem Forschungsprojekt beteiligt sich die Donau-Universität Krems an der Digitalisierung bestehender Dienstleistungen und Prozesse. Dabei werden auch die NutzerInnen mit eingebunden.

Ziel des Projekts „Inclusive Governance Models and ICT Tools for Integrated Public Service Co-Creation and Provision“ ist es, genau hier Abhilfe zu schaffen: Öffentliche Dienstleistungen sollen durch die Digitalisierung verbessert und die Verwaltung gleichzeitig modernisiert werden. Zwölf Partner sind an dem 36 Monate laufenden Projekt, das von der Universität Makedonien geleitet wird, beteiligt. „Neben Universitäten sind auch Consultingunternehmen, Forschungszentren und vier europäische Verwaltungen mit dabei“, erklärt Noella Edelmann, Projektverantwortliche seitens der Donau-Universität Krems.

Optimierung durch Co-Creation

Die zentrale Methode, die im Rahmen des Projekts zur Optimierung der Dienstleistungen führen soll, ist Co-Creation. „Wir binden sämtliche Stakeholder mit ein, von den AnbieterInnen der Dienstleistung bis hin zu den NutzerInnen“, sagt Edelmann. Wie das konkret funktionieren kann, wird in vier Pilotregionen anhand ausgewählter Beispiele durchgeführt. Neben Malta, Kroatien und Griechenland ist auch Niederösterreich mit dabei. Hier steht die Nächtigungstaxe im Fokus. „Diese ist in Niederösterreich zum Teil digital erfasst, aber noch nicht durchgängig. Unser Ziel lautet, eine vollständige Digitalisierung zu erreichen“, sagt die Forscherin.

Nächtigungstaxe digital

Zu diesem Zweck hat Edelmann im ersten Schritt Interviews mit HotelierInnen, GemeindevertreterInnen und der Verwaltung geführt, um die unterschiedlichen Bedürfnisse kennenzulernen: „Üblicherweise hat der Hotelier/die Hotelierin im Zusammenhang mit der Nächtigungstaxe nur mit der Gemeinde zu tun, die Landesregierung kennt beispielsweise nur die Perspektive der Gemeinde. Um die Dienstleistung besser gestalten zu können, müssen zuerst sämtliche Expertisen und Erfahrungen aller Betroffenen gesammelt werden.“

Auf Basis der Ergebnisse der Interviews wird dann von einem der ProjektpartnerInnen ein Prototyp, das heißt eine vollständige digitale Lösung, entwickelt. Die Stakeholder können diesen Prototyp testen und weiter adaptieren. „Am Ende dieses Prozesses soll die Dienstleistung vollständig digitalisiert werden“, so Edelmann.

Welche Projekte setzten die drei anderen Pilotregionen um? Auf Malta geht es darum, sämtliche Dienstleistungen zu bündeln, auf die ein Haushalt Anspruch hat. Dadurch sollen die Mitglieder des Haushalts einerseits keine Dienstleistung verpassen, andererseits kann aufgrund dieser Transparenz auch Missbrauch vermieden werden. In Griechenland bekommen Menschen mit Mobilitätseinschränkungen einen digitalen Zugang zu Fahrscheinen. Infos über Städte können in Kroatien nach Umsetzung des Projekts über App und Chatbot abgerufen werden.

Nachhaltigkeit unter der Lupe

Im zweiten Teil des Forschungsprojekts – hier übernimmt die Donau-Universität Krems die Leitung – steht die Frage im Mittelpunkt, wie die gewonnenen Ergebnisse in die zentralen europäischen Dokumente wie EIF (European Interoperability Framework) und EIRA (European Interoperability Reference Architecture) einfließen können. Dazu Edelmann: „Wir schauen uns zum Beispiel an, ob die Dienstleistungen effizienter und zeitsparender geworden sind.“

Damit sich das Konzept der Co-Creation auch außerhalb des Forschungsprojekts durchsetzt, braucht es nicht nur einen Kulturwandel bei der Verwaltung, sondern auch die nötige Expertise bei den Bürgerinnen und Bürgern. „Derzeit übernehmen teilweise die Gemeinden die Tätigkeiten für jene Personen, die über zu wenig oder keine digitale Kompetenzen verfügen. Unser Projekt ist ein Push in die Richtung, dass immer mehr Personen realisieren, dass eine Vielzahl an Dienstleistungen digital möglich werden“, meint Edelmann.


NOELLA EDELMANN
Dr. Noella Edelmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für E-Governance. Nach ihrem Psychologiestudium absolvierte sie Masterstudiengänge in Organisationspsychologie und in E-Government. Sie promovierte in Verwaltungswissenschaften an der TU Tallinn. Sie forscht in den Bereichen digitale Organisationsentwicklung und neue Arbeitsmodelle.

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