Ursprünglich kam er zum Studieren nach Wien. Sesshaft werden ließen ihn schließlich die Liebe zu einer Österreicherin und zum Radio. Der aus den USA stammende Musikjournalist David Dempsey ist heute ein leidenschaftlicher Wiener.

Von Ilse Königstetter

Seine Karriere zum Musikjournalisten startete David Dempsey schon im Alter von 14 Jahren. In seiner Heimatstadt Minneapolis in Minnesota, USA, gestaltete er bereits 1983 sein eigenes Musikmagazin. Nach dem High-School-Abschluss 1987 zog es den jungen Mann ins ferne Europa. „Ich ging nach Wien, weil damals die Universität für angewandte Kunst als eine der wenigen Hochschulen die Möglichkeit bot, undergraduate Mediengestaltung zu studieren“, begründet David Dempsey, warum seine Wahl auf die österreichische Bundeshauptstadt fiel. Nach einem Jahr Studium zeigte sich allerdings eine gewisse Inkompatibilität des Jungstudenten mit den Angeboten des Studienprogrammes und David Dempsey verließ die Universität. „Ich bin dann eine Zeitlang zwischen Wien und den USA hin- und hergependelt und habe als freier Grafiker gearbeitet“, berichtet der Journalist über seine „Wanderjahre“. Zunächst unterstützte er Firmen in den Bereichen Desktop-Publishing, mit dem Boom des Internets entwickelte sich das Berufsbild auch immer mehr in Richtung Motiondesign, Videos und grafischer Gestaltung von Websites. Dass der Amerikaner schließlich in Wien sesshaft wurde, ist Amors Pfeil zu verdanken. „Ich habe eine Österreicherin geheiratet und eine Familie gegründet“, berichtet David über seinen Weg zum Wahlwiener.

Er bekam seinen Aufenthaltstitel und einen Job beim Möbelhaus KIKA. Im Jahr 2001 heuerte er dann über die Empfehlung einer Kollegin beim Radiosender FM4 als Radiojournalist und Moderator an. „Dieses Angebot kam mir sehr gelegen, denn Radio hat mich schon immer gereizt“, freute sich David Dempsey über diese Option. FM4 ist ein Jugendkulturradiosender des ORF, der zwar eng mit der österreichischen Musiklandschaft zusammenarbeitet, sich aber durch eine heterogene Musikauswahl abseits des Chart-Mainstreams der Formatradios unterscheidet. Dass FM4 zweisprachig – in Deutsch und Englisch – sendet, kam dem englischen Muttersprachler auch sehr entgegen. Genauso wie das crossmediale Arbeiten und die Vielfalt der Themen. David Dempsey: „Für mich ist FM4 ein alternativer Musiksender, der aber auch viele andere Bereiche abdeckt, wie jede Art von Kultur, Theater oder Tanz, um nur einige zu nennen.“ Mit vier weiteren Kolleg_innen teilt er sich die täglichen Morning-Show-Moderationen, darüber hinaus gestaltet er eine eigene Kolumne „Webtipps“.

Angezogen vom crossmedialen Lehrplan

Obwohl Learning by doing stets eines seiner Lebensmottos war, erweckte der crossmediale journalistische Lehrplan des Lehrgangs „Qualitätsjournalismus“ an der Universität für Weiterbildung Krems sein Interesse. „Dieser Zugang war damals noch ganz neu“, erinnert sich der Medienexperte, warum er sich 2009 dafür entschied. Eine Entscheidung, die er nicht bereut hat. Einerseits war es die breite Ausbildung, die er besonders schätzte, andererseits der Austausch mit Dozent_innen und erfahrenen Kolleg_innen, die ihm wertvolles Wissen über das Medium Radio mitgeben konnten. „Auf FM4 gab es damals beispielsweise noch keine Features“, berichtet Dempsey. Vor allem im Bereich Videoreportage, crossmediales Arbeiten und in vielen anderen journalistischen Themenfeldern konnte er sehr profitieren – auch vom Gedankenaustausch und dem so wichtigen Feedback. Dass mit etlichen Kolleg_innen noch immer Kontakt besteht, zeugt ebenfalls vom fruchtbaren Miteinander. Da David Dempsey heute selbst als Dozent für Radio und Media an der FH St. Pölten unterrichtet, war es für ihn besonders hilfreich zu sehen, was in einem Lehrgang funktioniert und was ihn besonders beeindruckt hat. All diese Erfahrungen kann er heute selbst als Lehrender einbringen und berücksichtigen.

Gut integriert

Wenn man David Dempsey heute fragt, woher er kommt, sagt er: „Ich komme aus Wien“. An diesem Ort habe er den größeren Teil seines Lebens verbracht, hier habe er seine Familie und seine Freunde, seinen Beruf und sein Leben. Mit der vielleicht etwas gewöhnungsbedürftigen Mentalität der Wiener hat er keine Probleme. „Ich stamme ja aus dem Mittelwesten, da musste man immer lächeln und freundlich sein“, erinnert er sich. Hier sind die Menschen manchmal ein wenig grantig und eigen, aber das stört ihn nicht. „Amerikaner sind meistens an der Oberfläche freundlich, aber oft kommt dann nichts nach“, sieht er die Unterschiede zu hier. Wenn er ins Lokal ans Eck geht, mischt er sich unter die Leute, spricht mit ihnen und kann auch immer wieder einmal Bekannt- und Freundschaften schließen. „Ich komme hier sehr gut zurecht, fühle mich prima integriert und bin ein stolzer Wiener“, sagt er zufrieden. Gibt es Platz für Hobbys? „Ich habe alle meine Hobbys zum Beruf gemacht. Ich schreibe und rede gern und ‚drücke gerne Knöpfe‘“. Was immer Letzteres im Einzelnen heißen mag. Aber ein neues Hobby hat er sich doch zugelegt. „Vor kurzem bekam ich die Gelegenheit, einen alten Wohnwagen auf einem Kleingartengrundstück im 22. Bezirk günstig zu erwerben. Alles zusammen war in einem fürchterlichen Zustand, und die Pflanzen im Garten wucherten wild vor sich hin“. Also legte er sich eine Kettensäge zu und hat jetzt viel Spaß daran, den Garten auf Vordermann zu bringen.


DAVID DEMPSEY
David Dempsey, MA, geboren in Minneapolis, Minnesota/USA, verheiratet, Vater einer Tochter und eines Sohnes, ist seit 2001 Journalist bei FM4. 2011 absolvierte er den Lehrgang für Qualitätsjournalismus MA an der Universität für Weiterbildung Krems.

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