Was kann ich in dieser Datenbank Spannendes entdecken? Diese Frage will Eva Mayr, Spezialistin für Informationsvisualisierung, im EU-Projekt InTaVia für Laien und Fachkundige intuitiver erfassbar machen. Im Mittelpunkt steht digitalisiertes materielles und immaterielles Kulturerbe.

Von Astrid Kuffner

Mit dem Projekt InTaVia (In/Tangible European Heritage – Visual Analysis, Curation, and Communication) führt die Kognitionspsychologin Eva Mayr vom Department für Kunst- und Kulturwissenschaften die Interessen, Leidenschaften und Erfahrungen ihrer bisherigen Forschungskarriere zusammen. Die Vision hängt hoch: das in digitalen Datenbanken gefasste materielle und immaterielle Kulturerbe Europas mit wenigen Klicks besser begreifbar, durchsuchbar und vernetzbar zu machen. Ihr Interesse an Kultur und Museen war schon in der Schule ausgeprägt, bedingt auch durch exzellente Lehrende in Latein und Altgriechisch, die über historische Texte vermittelten, wie sich heutige Perspektiven aus alten Kulturen erklären lassen.

Informationsvisualisierung für informelles Lernen

Nach der Matura an einem humanistischen Gymnasium studierte sie Psychologie, „um zu erfahren, was Menschen antreibt und ihr Verhalten motiviert“. Im Lauf des Diplomstudiums an der Universität Wien „rutschte“ sie über wissenschaftliche Projektarbeit in das Berufsbild Forscherin hinein und fand Gefallen daran, „die eigene Neugierde auszuleben, mir immer wieder neue Fragen zu stellen und darauf Antworten zu finden“. Ihre Dissertation schrieb sie über Lernen mit neuen Medien im Museum und kooperierte dafür auch mit dem Deutschen Museum in München. Nach ihrem Doktorat an der Universität Tübingen bewarb sich Mayr 2007 erfolgreich am Department für Wissens- & Kommunikationsmanagement der Universität für Weiterbildung Krems. Zunächst brachte sie ihre Spezialisierung auf Kognitions- und Medienpsychologie in unterschiedlichen Projekten zu neuen Medien, User-zentriertem Design und E-Learning ein. Da angewandte Forschung im Kulturbereich kaum je ausgeschrieben wird, bewegte sich die gebürtige Niederösterreicherin über die Grundlagenforschung in ihr Wunsch-Forschungsfeld. Über das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt PolyCube (Towards Integrated Mental Models of Cultural Heritage Data) positionierte sie gemeinsam mit Kollege Florian Windhager die Informationsvisualisierung erfolgreich im Bereich informelles Lernen sowie Vermittlung und Mediengestaltung für Museen und kulturelle Sammlungen. Auch wenn die Grundlagenforschung nicht im Mittelpunkt an der Universität für Weiterbildung Krems stehe: „Die Projektzusage – auch für unser aktuelles H2020-Projekt InTaVia – war bestärkend.“

Neue Medien für Museen

InTaVia will kulturelles Erbe in Datenbanken mit Visualisierung greifbar machen, ohne dass die Person bereits wissen muss, wonach sie in den Datenmengen sucht. Vorhandene Datenbanken sollen so verbessert und aufbereitet werden, dass sowohl Laien als auch Expert_innen diese frei explorieren können. Neue Medien im Museum lösen nicht automatisch Begeisterungsstürme aus. Das weiß Eva Mayr. Es braucht immer eine Wechselwirkung zwischen dem, was präsentiert wird, und dem, was die Person mitbringt: „Der persönliche Bezug, das Generieren von Bedeutung findet immer über eigenes Interesse und Vorwissen statt. Auch in kulturellen Sammlungen braucht es diese Wechselwirkung zwischen Person und Information.“ Sie ist aber überzeugt, dass es für jede Person einen spannenden Eintrag im Archiv gibt, den das Projektteam aus den Niederlanden, aus Dänemark, Deutschland, Slowenien, Österreich und Finnland aus den Tiefen der Datenbank an die Oberfläche holen und zeigen will.

„Der persönliche Bezug, das Generieren von Bedeutung findet immer über eigenes Interesse und Vorwissen statt.“

Eva Mayr

Um diese Brücke zu schlagen, wird einerseits mit einem technischen und andererseits mit einem personenzentrierten Ansatz gearbeitet. Aus der Fülle des immateriellen Kulturerbes wurden Biografien ausgewählt, die meist national gesammelt und digitalisiert werden. Natural Language Processing und andere Ansätze der künstlichen Intelligenz sollen helfen, aus den biografischen Texten strukturierte Informationen zur Person für die Aufbereitung und Verknüpfung zu extrahieren, wie den Studien- und Wohnort, Freunde, Lehrende, Musen, Mäzene, Vorbilder etc. Für das materielle Kulturgut wird auf die Plattform Europeana.eu zugegriffen, in der viele Museen ihre Objektsammlungen zur Verfügung stellen – hier lassen sich etliche Bezüge zu historischen Personen herstellen und Geschichten zu erzählen.

In einem partizipativen Designansatz wird zudem bei Forscher_innen und Praktiker_ innen erhoben, welche Fragen sie beantworten wollen, welche Analysen und Informationen sie benötigen: „Sie sollen bei der Entwicklung mitreden, Anforderungen an die Technologie definieren, Rückmeldungen zu den Designentwürfen geben. Denn die Visualisierung soll auch für Menschen funktionieren, die mit Technologie wenig zu tun haben.“ Zwei Jahre läuft das Projekt noch und Eva Mayr will mit den anderen Fachleuten die Vision auf den Boden bringen. Das Gute am interdisziplinären Arbeiten ist dabei für sie, dass man sich gegenseitig unterstützt und dadurch weiterkommt – als Team, das sich gegenseitig voranbringt.


Eva Mayr

Dr.in Eva Mayr forscht zu informellen Informationsvisualisierungen, User-zentriertem Design, Digital Humanities und Kognitions- und Medienpsychologie. Mayr studierte Psychologie an der Universität Wien und absolvierte ihr Doktoratsstudium an der Universität Tübingen. Sie ist Senior Researcher am Department für Kunstund Kulturwissenschaften der Universität für Weiterbildung Krems und koordiniert gemeinsam mit Florian Windhager das neun internationale Partner umfassende Horizon- 2020-Projekt InTaVia.

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