Journalist, Kurator, kulturpolitischer Berater, Lehrender, Museumsdirektor, Manager: Otto Hochreiters beruflicher Werdegang ist an Vielfalt kaum zu überbieten. Geschafft hat der Absolvent des Lehrgangs Bildwissenschaften das ganz ohne Lobby.
Von Ilse Königstetter
Dass sein Herz für Kultur und Kunst schlägt, wusste Otto Hochreiter bereits im Alter von 17 Jahren. Auch seine berufliche Zukunft konnte sich der gebürtige Tiroler nur in diesem Metier vorstellen. Dass sein Traum tatsächlich in Erfüllung ging, betrachtet Otto Hochreiter bis heute „als wirkliches Geschenk“, denn in die Wiege gelegt war ihm das nicht. Geboren 1954 in Innsbruck, verbrachte er die ersten zehn Jahre seiner Kindheit in der Tiroler Landeshauptstadt. Nach der Matura am Gymnasium Landeck kehrte er nach Innsbruck zurück und studierte dort an der Universität Geschichte, Germanistik und Komparatistik. Parallel dazu verdiente sich der Student erste Sporen als Journalist in der Kulturredaktion der „Tiroler Tageszeitung“, später auch in ausländischen Medien. Von 1976 bis 1980 war er beim ORF engagiert, wo er sich mit einer eigenen Sendung „Umkreis Kultur“, die vorrangig über kulturelle Events außerhalb Tirols berichtete, ein viel beachtetes Image erwarb.
Die intensive Beschäftigung als Kulturjournalist führte ihn schließlich in den kuratorischen Bereich. Ab 1980 war er Ausstellungskurator in der Galerie im Taxispalais. „Später wurde ich dort Teil eines Teams, das sich sehr intensiv mit künstlerischer Fotografie in Österreich befasste“, erinnert sich Otto Hochreiter an seine initiale Phase im Kunst- und Kulturmanagement. Dass er damit Meilensteine setzen würde, ahnte er da noch nicht. Denn aufgrund dieser Tätigkeit wurde der damalige Direktor des Museums moderner Kunst in Wien, Dieter Ronte, auf den jungen Manager aufmerksam und holte ihn als Ausstellungskurator nach Wien. In der Folge engagierte sich Hochreiter intensiv für große Fotografieausstellungen und baute das Österreichische Fotoarchiv neu auf. In dieser Zeit verlor die Fotografie in Wien endgültig die Anhaftung, ein künstlerisches „Stiefkind“ zu sein, und wurde auch in der Öffentlichkeit zunehmend als künstlerisch relevantes Medium anerkannt. Es ist ein wesentliches (Mit-)Verdienst Hochreiters, der Fotokunst in Wien zum Durchbruch verholfen zu haben. Kein Wunder, dass er aufgrund seiner Expertise nun auch dazu eingeladen wurde, als Lehrender tätig zu werden, wie etwa an der Universität Innsbruck und der „Graphischen“ in Wien.
Vom Berater zum Vizedirektor der Volksoper
Nach einem rund zweijährigen Intermezzo als kulturpolitischer Berater im damaligen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport verabschiedete er sich 1992 aus dieser Funktion, um bei der Kultur Ges.m.b.H. in Salzburg die Stelle des Alleingeschäftsführers für das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm anzutreten. 1995 gründete Otto Hochreiter eine Beratungsfirma und betreute kulturelle Projekte in ganz Österreich. Bis ihn das Angebot der Wiener Volksoper, die Position des Vizedirektors zu übernehmen, doch wieder aus der Selbstständigkeit ins Angestelltenverhältnis lockte. Hier zeichnete er vorrangig für das Tanztheater verantwortlich. „Vor allem die Beschäftigung mit dem zeitgenössischen Tanztheater Wien von Liz King und der Musik waren eine schöne Herausforderung und ein großes Vergnügen“, beschreibt der ehemalige Vizedirektor den besonderen Reiz dieser Tätigkeit.
Zurück ins Museum
Da die Grazer Kulturpolitik sich sehr um ihn bemühte, fiel es Otto Hochreiter nicht schwer, 2005 in sein angestammtes Metier, das Museumswesen, zurückzukehren und als Direktor des Graz Museums an Bord zu gehen. Hier fand er nicht nur ein großes Potenzial vor, er wusste es auch zu nutzen und baute im Laufe der letzten fünfzehn Jahre ein herausragendes kulturwissenschaftliches und -historisches Museumsjuwel auf. Neben vielfältigen Ausstellungsprojekten ist Otto Hochreiter vor allem eines besonders ans Herz gewachsen: Aus „360 GRAZ/Die Stadt von allen Zeiten“ ist eine bereits zehnjährige Dauerausstellung geworden (begleitet von einem prachtvollen Ausstellungskatalog), die zur Freude des Direktors auch schon für den European Museum of the Year Award nominiert wurde. 2014 wurde ihm auch die Leitung des Stadtarchivs Graz anvertraut, darüber hinaus hat der engagierte Museumschef eine vielbeachtete Expositur aufgebaut, das Graz Museum Schlossberg. Dennoch schaffte es Hochreiter, bei dieser Beschäftigungslage auch noch ein Studium zu absolvieren.
Durch seinen intensiven und vielfältigen beruflichen Werdegang hat Otto Hochreiter sein in Innsbruck begonnenes Studium nie abgeschlossen. „Obwohl ich mir des erheblichen Aufwands bewusst war, war es mir wichtig, einen akademischen Abschluss zu erwerben; schließlich hatte ich eine wissenschaftliche Einrichtung zu leiten“, nennt Otto Hochreiter seine Beweggründe, noch einmal an eine Universität zu gehen. Da das anders als berufsbegleitend unmöglich gewesen wäre, entschloss er sich 2008 für ein Studium an der Universität für Weiterbildung Krems und dort für den Studienlehrgang Bildwissenschaften. Das war keineswegs einfach. „Als ich mit dem Studium begann, wurde meine Tochter geboren, meine Familie lebte in Wien und ich hatte das Graz Museum zu leiten“, berichtet er von seinen damaligen Verpflichtungen. „Nur durch die hervorragende Organisation des Lehrbetriebes ist es mir trotz voller Berufstätigkeit gelungen, das Studium zu absolvieren.“ Obwohl selbst schon lange als Ausstellungsmacher ein Vollprofi, konnte auch er als Direktor von der Betrachtung des Metiers unter universitären Perspektiven profitieren. „Sehr spannend war nicht nur, von den Besten der Branche zu lernen, auch der Dialog unter den Kommilitonen, unter denen ja auch viele erfahrene und interessante Menschen waren, erwies sich als sehr anregend“, so Hochreiter weiter. Mit etlichen sei er nach wie vor im Austausch.
Die Frage nach einer Freizeitbeschäftigung getraut man sich kaum zu stellen. Hochreiter lebt täglich, was sich viele Menschen unter exquisiter Freizeitgestaltung vorstellen. Sein Alltag ist von Kunst und Kultur bestimmt. Gerne verbringt Otto Hochreiter Zeit mit seiner Familie, den beiden Kindern und seit kurzem auch mit seiner eineinhalbjährigen Enkelin. Die ausgleichende Bewegung verschafft er sich vorzugsweise beim Schwimmen und Laufen, im Winter beim Skifahren.
OTTO HOCHREITER
Prof. Otto Hochreiter, MA, geboren 1954 in Innsbruck, dort Studium der Geschichte, Germanistik und Komparatistik, verheiratet, ein Sohn und eine Tochter. Seit 2005 ist er Direktor des Graz Museums, seit 2013 Vorstand der ICOM Österreich (International Council of Museums) und seit 2014 Leiter des Stadtarchivs Graz sowie Geschäftsführer der Stadtmuseum Graz GmbH. 2020 wurde das Graz Museum Schlossberg als dritter Betrieb der GmbH eröffnet. An der Universität für Weiterbildung Krems absolvierte er den Masterstudiengang Bildwissenschaften.
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