Positive Interaktionen können das individuelle Wohlbefinden, die Motivation und das Verhalten in Bezug auf die Gesundheit nachhaltig fördern. Auch bei einsamen oder vulnerablen Personengruppen. Deshalb stehen sie – neben vielen anderen – immer wieder im Fokus der Forschungsprojekte von Marlene Kritz.

Ilse Königstetter

Was Marlene Kritz schon früh faszinierte, war das Zusammenspiel von sozialer Umgebung, Motivation sowie mentaler und körperlicher Gesundheit. Aufgewachsen in einer Ärztefamilie, erlebte sie, wie positiv sich emotionale Unterstützung und Empathie auf Patient_innen auswirken können. „Ich habe erfahren, dass viele einsame Menschen zum Arzt gehen, um Ansprache zu haben und dass die Qualität der Kommunikation maßgeblich für den Heilungsprozess ist“. Kritz ist überzeugt, dass damals der Grundstein für ihren späteren Werdegang gelegt wurde. Während ihres Studiums in Cardiff und Surrey beschäftigte sie sich vor allem mit der Frage, wie die soziale Umgebung das Gesundheitsverhalten beeinflusst. Nach ihrer Rückkehr nach Wien schloss Kritz 2007 ihr Studium als klinische und Gesundheitspsychologin ab und arbeitete in verschiedenen Krankenhäusern und Forschungsprojekten. Von 2011 bis 2014 war sie am EU-Projekt Khresmol beteiligt, das eine Suchmaschine für Mediziner entwickelte. Als ihr 2015 ein PhD-Stipendium an der australischen Curtin University angeboten wurde, griff sie zu und flog ans andere Ende der Welt. Dieses Stipendium ermöglichte ihr nicht nur die Zusammenarbeit mit führenden Motivationsforscher_innen, sondern eröffnete ihr auch tiefere Einblicke in die Interventionsforschung, ein Bereich, der sie zunehmend begeisterte. „Ich konnte dort in einem hervorragenden wissenschaftlichen Umfeld arbeiten“, erinnert sich Marlene Kritz gerne an die guten Arbeitsbedingungen.

Gemeinsam gesünder gehen

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersuchte die Wissenschaftlerin eine kommunale Gehintervention für ältere Australier_innen. Sie konnte nachweisen, dass regelmäßiges Gehen mit anderen - im Vergleich zu regelmäßigem Gehen als individuelle Aktivität - positive Gesundheitseffekte aufweist und die intrinsische Motivation erhöht. „Vor allem eine zufriedenstellende zwischenmenschliche Interaktion erwies sich als mitbestimmend, ob ‚leicht eingerostete‘ Personen ihr Bewegungsverhalten nachhaltig änderten“, beschreibt die Wissenschaftlerin ein wichtiges Ergebnis. Eine entscheidende Frage war für sie auch, über welche Eigenschaften und Verhaltensmuster Gehgruppenleiter_innen verfügen müssen, um diese Personengruppe motivieren zu können. Dabei stellte sich heraus, dass Gruppenleitende vor allem bei Anfänger_innen motivierend und sozial einbindend sein und den Teilnehmenden eine Wahl lassen sollte. Zu viele Vorgaben, wie etwa die Gehgeschwindigkeit oder zu wenige Pausen, wirkten eher demotivierend. Wichtig war das individuelle Erfolgserlebnis, selbst wenn die Wegstrecke des Einzelnen nur kurz war. Die Personen sollten sich miteinander unterhalten und aufeinander schauen können.

Als Postdoc erhielt Marlene Kritz in Australien Lehraufträge in den Bereichen Gesundheitspsychologie, Motivation und Emotion. Gleichzeitig forschte sie daran, welche Gesundheitsbotschaften wie „Stiegen statt Lift nehmen“ Menschen zu mehr Alltagsbewegung motivieren können. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse mündeten in die Entwicklung einer Bewegungs-App. „In dieser Zeit lernte ich viel über soziale Ausgrenzung und die Herausforderungen, denen inaktive, vulnerable Gruppen – wie übergewichtige und ältere Personen – häufig begegnen“, fasst Kritz ihre Erfahrungen zusammen.

Wissenschaft macht Spaß

Mit jeder Menge internationaler Erfahrung im Gepäck kehrte die klinische, Gesundheits- und Motivationspsychologin in die Heimat zurück. Seit 2022 arbeitet sie am Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Universität für Weiterbildung Krems als Senior Researcher und Studienleiterin für Health Care Management. „In Krems hat mich vor allem das interdisziplinäre, soziale, anwendungsorientierte und innovative Setting sowie das Netzwerk und die Offenheit für globale Kooperationen gereizt“, nennt Marlene Kritz Gründe für ihre Wahl. Ebenso die Aufgeschlossenheit für Präsenz- als auch Online-Lehre. Kritz: „Mit letzterer konnte ich schon während der Pandemie viele Erfahrungen sammeln“. Vor allem schätzt die Wissenschaftlerin die Möglichkeiten, Forschung und Lehre mit- und weiterzuentwickeln, denn dass Wissenschaft Spaß macht, ist ihr Credo. Da sie selbst erlebt hat, wie entscheidend die richtige Unterstützung bei wissenschaftlichen Projekten ist, möchte sie Studierende mit ihrer Begeisterung für die Wissenschaft anstecken und ihnen die Angst vor dem wissenschaftlichen Arbeiten nehmen. Neben der Studienprogrammleitung „Health Care Management“ betreut Marlene Kritz darüber hinaus Masterstudierende, gestaltet und führt Lehrveranstaltungen durch und entwickelt neue Masterstudien.

Vielseitig interessiert

Vielfältig sind die Forschungsschwerpunkte, die Marlene Kritz gegenwärtig antreiben bzw. sich in der Planung befinden. Dazu gehören unter anderem die Leitung von Projekten zu den Herausforderungen in der Arzt-Patient_innen-Kommunikation, einer Untersuchung von Barrieren und Förderfaktoren für Bewegungsinterventionen am Arbeitsplatz sowie die Erforschung der Nutzung und Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen.

Ein zentrales Forschungsinteresse von Kritz liegt weiterhin in der Motivationsforschung – insbesondere darin, wie nachhaltige Verhaltensänderungen gefördert werden können, die die Gesundheit und das Wohlbefinden in der Gesellschaft langfristig verbessern. International wirkt sie bei der Entwicklung und Evaluation einer Bewegungsintervention zur Förderung der mentalen Gesundheit bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mit. Zukünftig legt Kritz ihren Fokus verstärkt darauf, vulnerable Gruppen zu erreichen – Menschen, die auf herkömmliche Programme oft nicht ansprechen. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Forschung ist dabei die Rolle von sozialer Unterstützung und auch digitalen Anreizen, um Gesundheitsverhalten und soziale Teilhabe zu fördern.


MARLENE KRITZ
Dr.in Marlene Kritz studierte Psychologie an der Universität in Cardiff(UK) mit Bachelor-Abschluss2001, Gesundheitspsychologie an der Universität Surrey mit Abschluss MSc 2004, Nostrifikation in Wien 2005, Abschluss klinische und Gesundheitspsychologie 2007. Bis 2014 war sie in verschiedenen Krankenhäusern und Forschungsprojekten im Gesundheitsbereich tätig. Ihren PhD erwarb sie 2020 an der Curtin University Australien, wo sie danach als Postdoc arbeitete. Seit 2022 ist sie Senior Researcher und Studienleiterin für Healthcare Management am Department für Wirtschaft und Gesundheit.

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